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HBS Böckler Impuls

Langzeitkonten: Flexibel auf Kosten der Beschäftigten?

Ausgabe 01/2005

Immer mehr Unternehmen richten langfristige Arbeitszeitkonten ein. Das ist jedoch kein Patentrezept zur Flexibilisierung der Arbeitszeit, zeigt eine Fallstudie des IAT in Großbetrieben auf.

Empirisch belegte Daten, wie viel Zeitguthaben sich auf Langzeitkonten angesammelt haben und wie Beschäftigte sie nutzen, gibt es bis heute nicht. Die IAT-Forscher weisen jedoch auf grundlegende Probleme hin, die das Instrument für Beschäftigte unattraktiv machen können.

So scheiterte ein Abbau der Überstundenkonten in den untersuchten Unternehmen häufig an der chronisch knappen Personaldecke. Auch in Zeiten mit wenigen Aufträgen ist ein Abbau der Mehrarbeit nicht möglich, wenn sich die Personalplanung am Minimum orientiert. Drei Unternehmen hatten noch nie Überstunden von Langzeitkonten ausgezahlt. Auf diese Weise verwandeln sich die Konten "unter der Hand zu einem Instrument der Ansammlung struktureller Mehrarbeit", so die Autoren.

Vorruhestand ist problematisch

Als Alternative zum Überstundenabbau über längere Auszeiten bietet sich ein früherer Rentenbeginn an. Damit ist jedoch ein Fachkräftemangel absehbar. So rechnen vier von fünf Industrieunternehmen mit einem Ingenieurmangel in spätestens zehn Jahren.

Für die Beschäftigten stellt sich noch eine ganz andere Frage: Wie sollen sie Familie und Beruf besser vereinbaren, wenn sie in jungen Jahren Stunde um Stunde anhäufen?

Mehr als ein Drittel der Unternehmen mit Betriebsrat hat Langzeitkonten. Mit steigender Tendenz: Innerhalb von vier Jahren erhöhte sich der Anteil von Zeitkonten mit einer Laufzeit von über einem Jahr von 22 auf 34 Prozent. Der Anfang 2004 geschlossene Chemie-Tarifvertrag, der Betrieben die Einrichtung von Langzeitkonten ermöglicht, dürfte einen weiteren Verbreitungsschub bringen.

  • Immer mehr Unternehmen richten langfristige Arbeitszeitkonten ein. Ein Abbau der Überstundenkonten scheitert häufig an der chronisch knappen Personaldecke. Zur Grafik

"Atmende Betriebe, atemlose Beschäftigte? Erfahrungen mit neuartigen Formen betrieblicher Arbeitszeitregulierung" von Thomas Haipeter, Steffen Lehndorff, Studie des Instituts Arbeit und Technik (IAT) im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung, 2004
zum Buch

"Arbeitszeitpolitischer Modellwechsel: Von der Normalarbeitszeit zu kontrollierter Flexibilität" von Hartmut Seifert, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung, WSI-Diskussionspapier Nr.127, 2004
zur Studie (pdf)

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