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Durchhalten bis zur Rente? Ein Viertel zweifelt Böckler Impuls

Arbeitswelt: Durchhalten bis zur Rente? Ein Viertel zweifelt

Ausgabe 13/2023

Viele Beschäftigte fürchten, dass sie ihre aktuelle Berufstätigkeit nicht bis zum Rentenalter durchstehen werden.

Gut 20 Prozent der Beschäftigten glauben, ihren Job eher nicht bis zum regulären Renteneintritt zu schaffen. Weitere knapp 7 Prozent sind sogar überzeugt, auf keinen Fall durchhalten zu können. Deutlich höher als im Durchschnitt aller Beschäftigten sind die Quoten unter Arbeiterinnen und Arbeitern – 38 Prozent – sowie bei Menschen, die ihre Arbeitssituation generell als stark belastend oder äußerst belastend einstufen. In diesen Gruppen glauben rund 43 Prozent beziehungsweise 59 Prozent, ihre jetzige Tätigkeit eher nicht oder auf keinen Fall ohne Einschränkung bis zum gesetzlichen Rentenalter ausüben zu können. Von sehr belastenden Arbeitsbedingungen berichten etwa 20 Prozent der Beschäftigten. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des WSI. 

Die Untersuchung von Florian Blank und Wolfram Brehmer stützt sich auf eine repräsentative Befragung unter knapp 5000 abhängig Beschäftigten und eine weitere Umfrage unter gut 3600 Betriebs- und Personalräten. 

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Die Betriebs- und Personalräte schätzen die Durchhaltechancen der Beschäftigten häufig noch skeptischer ein als die Arbeitnehmenden selbst. Sie sind aber auch der Überzeugung, dass Unternehmen etliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter länger im Job halten könnten, wenn sie sich verstärkt um alternsgerechte Arbeitsbedingungen bemühen würden. Knapp 42 Prozent der Betriebs- und Personalräte sind überzeugt, dass das für alle oder viele betroffene Beschäftigte möglich wäre, die sonst nicht bis zum Rentenalter durchhalten können. Weitere 42 Prozent halten das zumindest bei einigen Kolleginnen und Kollegen für realistisch. Bislang tun die Arbeitgeber nach Einschätzung der Betriebs- und Personalräte aber längst nicht genug: 40 Prozent bewerten die bisherigen betrieblichen Bemühungen um bessere Arbeitsbedingungen für Ältere mit den Schulnoten 5 oder 6. Knapp 28 Prozent geben lediglich eine 4. 

Die Ergebnisse machten deutlich, „dass Forderungen nach einer weiteren Anhebung des Rentenalters offensichtlich an der Realität vieler Beschäftigter vorbeigehen“, schreiben die WSI-Forscher Blank und Brehmer. „Solche Maßnahmen würden den zweiten Schritt vor dem ersten machen“ und Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt verschärfen – oft zulasten von ohnehin bei ihrer Arbeit stark belasteten Personen. Notwendig sei zunächst, gute Arbeit für alle Beschäftigten zu ermöglichen. Wenn Unternehmen mehr dafür tun, ältere Beschäftigte durch bessere Arbeitsbedingungen im Job zu halten, habe das viele Vorteile: Es helfe dabei, die Finanzlage der Sozialversicherungen zu verbessern. Engpässe auf dem Arbeitsmarkt würden verringert. Und vor allem verbesserten sich Lebenssituation und Gesundheit von Millionen Menschen. 

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Im Podcast Systemrelevant erläutern Bettina Kohlrausch und Florian Blank vom WSI, warum Forderungen nach einer weiteren Anhebung des Rentenalters an der Realität vieler Beschäftigter völlig vorbeigehen und wie ein gesünderes Arbeitsleben viele aktuelle Probleme beheben könnte.

Florian Blank, Wolfram Brehmer: Durchhalten bis zur Rente? Einschätzungen von Beschäftigten, Betriebs- und Personalräten, WSI Report Nr. 85, Juni 2023

 

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