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Folge 144 - Systemrelevant Service aktuell

Podcast Systemrelevant: Wie Gewerkschaften in Krisenzeiten an Vertrauen gewinnen

Bettina Kohlrausch und Andreas Hövermann erläutern, wie sich das Vertrauen in Gewerkschaften unter den multiplen Krisen der letzten Jahre entwickelt hat und wie sich diese als gesellschaftlicher Akteur für die breite Bevölkerung positioniert haben.

[19.05.2023]

Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI), und Andreas Hövermann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter (WSI), diskutieren über das Vertrauen der Menschen in demokratische Institutionen, insbesondere in Gewerkschaften, und ihre Bedeutung für Gesellschaft und Demokratie.

Die Auswertung der Erwerbspersonenbefragung zeigt, dass Polizei und Gerichte das höchste Vertrauen genießen, während das Vertrauen in die Bundesregierung und öffentlich-rechtliche Medien gering ausfällt. Im Vergleich liegen Gewerkschaften eher im Mittelfeld. Sie verzeichneten jedoch einen Vertrauenszuwachs durch ihre Beteiligung an Debatten zu Entlastungsmaßnahmen und politischen Antworten auf die Inflationssteigerung in Folge des Ukraine-Kriegs. Dies weist auf ihre Rolle als sichtbarer Akteur für Arbeitnehmer*innen in Krisenzeiten hin.

Neben den Erkenntnissen zu verschiedenen Personengruppen betonen Kohlrausch und Hövermann auch die Bedeutung von sozialer und demokratischer Integration im Erwerbskontext. Und weisen auf die wachsenden Sorgen der Menschen bezüglich sozialer Ungleichheit und ihrer Auswirkungen auf das Vertrauen in Institutionen hin.

Dr. Irene Becker hat in ihrer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie ein angemessen hohes soziokulturelles Existenzminimum berechnet und festgestellt, dass das Niveau der Kindergrundsicherung je nach Alter der Kinder um 6 bis 30 Prozent höher sein müsste als nach der gesetzlichen Bedarfsermittlung.

Beckers Reformvorschlag sieht vor, die Konsumausgaben der gesellschaftlichen Mitte als Bezugspunkt zu nehmen. So wäre es nach Analyse der Armutsexpertin etwa plausibel, soziokulturelle Teilhabe als gerade noch gegeben zu definieren, wenn Haushalte bei den Ausgaben für Grundbedürfnisse wie Ernährung, Bekleidung und Wohnen nicht mehr als 25 Prozent und bei sonstigen Bedürfnissen nicht mehr als 40 Prozent von der Mitte nach unten abweichen. Damit lebt die Referenzgruppe zwar deutlich unter der gesellschaftlichen Mitte, hätte aber noch mehr Teilhabemöglichkeiten als bei der bisherigen Berechnung, die den Kindern und damit letztlich der gesamten Gesellschaft schadet.

Moderation: Marco Herack

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In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.

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