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Astrid Neumann Coca Cola Aufsichtsrätin Magazin Mitbestimmung

Aufsichtsratsporträt: Wir bestimmen mit

Ausgabe 04/2022

Astrid Neumann, Arbeitnehmervertreterin im Aufsichtsrat der Coca-Cola Europacific Partners Deutschland GmbH. Von Kevin Gallant

Astrid Neumann will verhindern, dass Coca-Cola noch mehr Personal entlässt. Seit 2016 hat der Konzern rund 2000 Stellen in Deutschland abgebaut. Hierzulande arbeiten noch rund 6500 Menschen für das Unternehmen. Neumann, 58, arbeitet seit mehr als 30 Jahren für die Coca-Cola Europacific Partners Deutschland GmbH, die vom Mutterkonzern die Lizenz hat, die Getränke in Deutschland abzufüllen und zu vertreiben. „Der Trend geht zum Personalabbau und Outsourcing, um Kosten zu sparen“, sagt Neumann, die bei der deutschen Business Unit gleich mehrere Positionen innehat: Arbeitnehmervertreterin im Aufsichtsrat, freigestellte Betriebsrätin in Halle, Mitglied im Gesamtbetriebsrat und in diversen Ausschüssen. Mit ihren Kollegen bereitet sie sich gerade auf den nächsten Termin mit der Geschäftsführung in Berlin im August vor: Was kann man dem Restrukturierungsdruck entgegensetzen? Neumann geht dafür ins Detail, stellt Rechnungen auf und holt externe Sachverständige mit ins Boot. 

Ihre jetzigen Jobs macht Neumann seit 2017. In Halle, wo Coca-Cola rund 330 Menschen beschäftigt, hat sie am meisten zu tun. Aber an durchschnittlich sechs Tagen im Monat pendelt sie zur Zentrale nach Berlin. „Dort finden die meisten Ausschusssitzungen, Verhandlungen mit dem Arbeitgeber und Gespräche mit den Fachbereichen statt“, sagt sie. Auch mit Kollegen aus anderen EU-Ländern steht sie im Kontakt. Sie sagt, auch dort ginge es oft um Stellenabbau. Und dass die Kollegen dort im Vergleich zu Deutschland noch mehr zu kämpfen hätten.

Angefangen hat Neumann 1991 in der Verwaltung. In der DDR hatte sie eine Ausbildung zur Maschinenbauzeichnerin gemacht und danach Maschinenbau studiert. Mit der Wende wurde ihr Betrieb abgewickelt. „Ich habe dann von Freunden erfahren, dass Coca-Cola Leute sucht, habe mich beworben und bin geblieben“, sagt sie. Eine Weile war sie im Außendienst, aber „Handelskunden abfahren und Bestellungen einholen war nicht mein Ding“. Nach einem halben Jahr wechselte sie in den Innendienst.

Deutschland ist für Coca-Cola der wichtigste Markt in Europa. Doch der Konzern sei darauf bedacht, nur die gut laufenden Produkte langfristig zu halten, sagt Neumann. Auch tue er sich oft schwer damit, Produkte, die nicht zu den Erfrischungsgetränken gehören, langfristig auszubauen. Das erzeugt immer wieder Druck auf die Arbeitsplätze, manchmal werden deswegen ganze Bereiche abgebaut. Für diesen Fall wurde gemeinsam mit der Gewerkschaft NGG ein Unternehmenstarifvertrag ausgehandelt. Er enthält nicht nur eine gute Abfindung, sondern auch Regeln, die Chancen bieten, an andere Standorte zu wechseln, wenn da jemand in Rente geht –„eine Win-win-Situation“, sagt Neumann.

Sich zu engagieren hat Astrid Neumann bei ihrem Vater gelernt, der schon in der DDR beim Bau- und Montagekombinat Chemie Missstände anprangerte, als ein SED-Minister zu Besuch war. Neumann gelingen immer wieder Erfolge. Für die Tarifangestellten in Deutschland hat sie gemeinsam mit ihren Kollegen zweimal einen Coronabonus in Höhe von 500 Euro erstritten, und sie hat einen Blick auf die Personalplanung. Dabei ist ihre Arbeit als Betriebsrätin auch im Aufsichtsrat nützlich. „Man kann die Stimmung aus der breiten Fläche an den Tisch des Aufsichtsrats bringen“, sagt sie. „Denn oft kommt ganz oben nicht mehr alles an.“ Für den Aufsichtsrat will sie auch im Jahr 2024 kandidieren: „Ich freue mich jedes Mal, wenn ich Menschen helfen kann.“

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