Kommunikation: Fünf Schritte für mehr Aufmerksamkeit
Ein paar Tipps für Arbeitnehmervertreter, um mit Jugendlichen der Gen Z oder Alpha ins Gespräch zu kommen. Von Simon Schnetzer, Jugendforscher
Um mit Menschen an strategischen Herausforderungen zu arbeiten, muss man wissen, welche Ziele sie verfolgen. Erklären Sie, warum dieses Ziel wichtig ist. Denn das ist der Grund, warum die meisten Beteiligungsformen im Ansatz scheitern: weil Beteiligte nicht verstehen, wofür sie sich engagieren oder regelmäßig treffen sollen. Für die weiteren Schritte habe ich ein Konzept entwickelt, das Modell ABBAS, das aus folgenden Schritten besteht: Aufmerksamkeit, Bedürfnisorientierung, Beteiligung, Anerkennung und einer guten Story.
Aufmerksamkeit optimieren, statt Tiktok zu starten
Fakt ist, dass Hochformat-Videos auf Instagram (Reels), auf Tiktok oder bei Youtube (Shorts) eine viel größere Reichweite entwickeln können als reguläre Posts und insbesondere junge Zielgruppen ansprechen. In den meisten Fällen haben Organisationen bereits eine ordentliche Fanbase in der Altersgruppe. Was fehlt, ist nicht Tiktok, sondern eine Strategie, die sich intensiv mit ihren Fans oder Mitgliedern beschäftigt und sicherstellt, dass diese zufrieden sind.
Erstellen Sie ein Inventar, welche Kontakte Sie mit der jungen Generation schon haben: Mitglieder, Kinder von Mitgliedern, Teilnehmende bei Ausbildungsevents, Zuschauer bei Demos. Gehen Sie als Nächstes die einzelnen Kontaktpunkte durch und erarbeiten Sie, wie Sie diese besser nutzen können, um die Ziele zu erreichen.
Bedürfnisse verstehen und fokussieren
In der Ansprache checken Jugendliche als Erstes ab, was sie von Ihrem Angebot oder Post haben. Die wichtigsten Grundbedürfnisse sind: Bindung, Sicherheit, Selbstwerterhöhung und Lustgewinn. Wird keines dieser Bedürfnisse direkt bedient, wird weitergewischt und die Aufmerksamkeit ist weg. Die größten Sorgen der Jugend sind: Krieg, Inflation, teurer Wohnraum, Altersarmut oder gesellschaftliche Spaltung. Für Sicherheit und gegen Kontrollverlust hilft zum Beispiel, wenn Jugendliche durch Beteiligung und Zukunftskompetenzen – Umgang mit Geld, Psyche, Social Media – lernen, besser mit Sorgen umzugehen.
Fragen Sie Jugendliche direkt nach ihren Wünschen und Sorgen, um herauszufinden, was „Sicherheit“ für sie bedeutet und was ihr Sicherheitsempfinden steigern würde. Erarbeiten Sie Synonyme für das gewerkschaftliche Ziel der „Solidarität“, die Kopfkino verursachen und Sehnsucht wecken. Jugendliche müssen mit ihren Bedürfnissen direkt andocken können.
Bieten Sie echte Beteiligung an
Fragen Sie, wie aktive Partizipation ermöglicht werden kann. Mit Gewerkschaften, Unternehmen oder Schulen organisiere ich häufig Zukunftsgestalter-Workshops für Herausforderungen mit der Generation Z. Hier sind ein paar Beispiele für Lösungen:
Um Jugendliche für Engagement zu gewinnen, müssen Sie sich nach deren zeitlicher Verfügbarkeit und nach der Erreichbarkeit von Orten richten. Nicht dann treffen, wenn der letzte Bus gefahren ist. Beteiligen Sie Schülerinnen und Schüler durch niederschwellige Formate wie Befragungen oder Treffen zu deren aktuellen Herausforderungen.
Sorgen Sie für Anerkennung
Jugendliche suchen nach Resonanz, Bestätigung und vor allem Selbstwirksamkeit. Es ist wichtig, dass Ihre Organisation und Aktivitäten darauf eingestellt sind. Denn fehlende Anerkennung führt zu Rückzug, Resignation oder Rebellion.
Sorgen Sie für Möglichkeiten, in denen Jugendliche Bestätigung erfahren – durch das Erleben von Wirkung ihres Engagements, direktes Feedback oder das Präsentieren von Ergebnissen auf der Bühne. Diese Wertschätzung stärkt Selbstvertrauen, Bindung zur Organisation und Identifikation mit den Zielen.
Die Wirkung einer guten Story
Am Ende zählt, was für eine Geschichte junge Menschen erzählen: ihren Eltern, im Freundeskreis, in der Schule und sich selbst. Die beste Geschichte ist eine Heldengeschichte, und die große Frage ist: Trägt die Arbeit oder das Engagement zu einer guten Geschichte und dem Gefühl von Selbstwirksamkeit bei? „Durch meine Arbeit lerne ich …“; „Ich fühle mich wohl, weil …“, oder „Mit meinem Engagement helfe ich, dass …“ Solche Geschichten über Arbeit oder Engagement werden am Esstisch der Familie erzählt, in der Schule oder auf Partys.
Generation Z & Alpha
Die Altersgruppe der zwischen 1995 und 2009 Geborenen wird als Generation Z bezeichnet, die Geburtsjahrgänge von 2010 bis 2024 als Generation Alpha. Prägend für die junge Generation ist die Jugend mit Smartphone, ständiger FOMO (Angst, etwas zu verpassen) und zutiefst erschüttertes Vertrauen in die Regierung aufgrund der Corona-Erfahrungen. Ihr Planungshorizont hat sich von Jahrzehnten auf Monate verkürzt.
Studie „Jugend in Deutschland“
Die Trendstudie „Jugend in Deutschland 2025“ untersucht die Lebens- und Arbeitswelten der 14- bis 29-Jährigen. Die aktuelle Studie zeigt, dass die Zufriedenheit der jungen Generation dem Krisenmodus trotzt und von Generationenkonflikt noch keine Rede sein kann. Herausgegeben wird die Studie von Simon Schnetzer (Studienleitung), Kilian Hampel und Klaus Hurrelmann.