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HBS Böckler Impuls

Beschäftigung: Outsourcing drückt die Löhne

Ausgabe 19/2015

Wenn Jobs an Fremdfirmen ausgelagert werden, sind die Beschäftigten die Leidtragenden. Sie verdienen langfristig deutlich weniger. Die Ungleichheit wird dadurch größer.

Das Mantra einer ganzen Generation von Unternehmenslenkern lautet: „Do what you can do best – outsource the rest.“ Zu Deutsch: Tu, was du am besten kannst, und lass den Rest andere machen. Unabhängig davon, ob eine solche Strategie zum Erfolg führt oder nicht, geht sie nachweislich auf Kosten der betroffenen Arbeitnehmer. Denn deren Löhne sinken nach der Auslagerung im Schnitt um rund zehn Prozent. Das ist das Ergebnis einer Studie von Deborah Goldschmidt und Johannes F. Schmieder von der Boston University. Die Ökonomen haben untersucht, wie sich Outsourcing für Beschäftigte in Deutschland in den Bereichen Reinigung, Sicherheit, Logistik, Kantinen und Leiharbeit von 1975 bis 2008 ausgewirkt hat. Die Zahlen stammen aus der Datenbank der Integrierten Erwerbsbiographien des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

„Wir stellen einen dramatischen Anstieg des Outsourcings in Deutschland seit den frühen 1990er-Jahren fest“, schreiben die Wissenschaftler. Firmen hätten sich zunehmend auf Leiharbeit, Werkvertragsnehmer und externe Dienstleister verlassen, was die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern grundlegend verändert habe. Es gebe mehrere Motive für die Auslagerung von Jobs – eines der wichtigsten sei die Einsparung von Personalkosten. Dies könne zusammenhängen mit veränderten Management-Philosophien, etwa der stärkeren Betonung des „Shareholder-Values“, oder technologischen Neuerungen.

16 Prozent weniger für Leiharbeiter

Die Auswertung zeigt: Die Löhne fallen durch Outsourcing deutlich, nicht nur unmittelbar danach, sondern über einen längeren Zeitraum. Nach vier bis zehn Jahren lagen die Gehälter rund 10 Prozent niedriger als bei vergleichbaren Jobs, die nicht von Auslagerung betroffen waren. Besonders stark fielen die Einbußen bei Sicherheitsdiensten mit einem Minus von 14 Prozent aus, in der Reinigungsbranche mit minus 12 Prozent sowie bei Kantinen und Mensen mit minus 11 Prozent. In der Logistikbranche, zum Beispiel bei Lkw-Fahrern, waren die Verluste mit rund 6 Prozent weniger hoch. In den Fällen, in denen es sich bei dem neuen Arbeitgeber um eine Leiharbeitsfirma handelte, sanken die Löhne – unabhängig von der Tätigkeit – sogar um 16 Prozent.

Die Forscher haben speziell solche Fälle untersucht, bei denen Firmen einen Teil der Belegschaft an Subunternehmen auslagern, diese Beschäftigten jedoch weiterhin am selben Ort wie zuvor arbeiten. Ein klassischer Fall ist eine Firma, die ihre Kantine an ein rechtlich unabhängiges Tochterunternehmen oder eine Fremdfirma abgibt. An der eigentlichen Tätigkeit ändert sich für das Personal zunächst wenig, sie sind allerdings bei einem anderen Arbeitgeber angestellt – und verdienen langfristig weniger, wie die Untersuchung zeigt. „Unter Unternehmensdienstleistern herrscht ein erbitterter Wettbewerb um Aufträge“, so die Autoren. Dieser Wettbewerb werde über den Preis entschieden und sorge für Druck auf die Löhne. In diesem Umfeld sei es für die Beschäftigten außerordentlich schwierig, eine bessere Entlohnung auszuhandeln. Indirekt bekomme dies auch die Stammbelegschaft zu spüren – auch deren Verhandlungsposition werde durch die Konkurrenz niedrig bezahlter Kollegen geschwächt.

Der Trend zum Outsourcing und die damit verbundenen Lohneinbußen haben weitreichende Folgen: Die Ungleichheit bei den Löhnen sei in den vergangenen Jahrzehnten massiv gestiegen, schreiben Goldschmidt und Schmieder. Dies lasse sich teilweise durch die Erosion der Tarifbindung erklären, aber auch durch die Auslagerung von Jobs an Dienstleister und Leiharbeitsfirmen. Nach Berechnungen der Wissenschaftler ist allein das Outsourcing in den Bereichen Reinigung, Sicherheit und Logistik für etwa 10 Prozent des gesamten Anstiegs der Lohnungleichheit in Deutschland seit den 1980er-Jahren verantwortlich.

  • Die Löhne fallen durch Outsourcing deutlich. Nach zehn Jahren lagen die Gehälter rund 10 Prozent niedriger als bei vergleichbaren Jobs, die nicht von Auslagerung betroffen waren. Zur Grafik

Deborah Goldschmidt, Johannes F. Schmieder: The Rise of Domestic Outsourcing and the Evolution of the German Wage Structure. IZA Discussion Paper, No. 9194, Juli 2015.

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