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HBS Böckler Impuls

Währungsunion: Mittel gegen die Ungleichgewichte

Ausgabe 06/2010

Die Gefahr von Staatsbankrotten wird die Währungsunion weiter begleiten, wenn die großen außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte zwischen den Euroländern bleiben.

Um die Ungleichheiten zu mildern, braucht die EU eine Instanz, welche die Entwicklung der Leistungsbilanzen intensiv beobachtet und Fehlentwicklungen klar benennt. Zu diesem Ergebnis kommt das IMK in einer neuen Analyse. Die Forscher unterstützen die Absicht der EU-Kommission, aktiver zu werden. Entscheidend ist die richtige Ausgestaltung: "Es reicht nicht, sich auf die Staatsfinanzen zu konzentrieren", sagt Gustav Horn, Wissenschaftlicher Direktor des IMK. Auch Appelle allein an die Länder mit Leistungsbilanzdefiziten, diese zu beseitigen, könnten die Probleme nicht lösen.

Die Länder mit Überschüssen - allen voran Deutschland - sollten ihre einseitige Orientierung auf Wachstum durch Exportüberschüsse aufgeben. "Wir brauchen einen Mechanismus, der chronischen Überschussländern deutlich macht: Es ist auch für sie günstiger, ihre Binnennachfrage zu stärken und damit die Rolle der Konjunkturlokomotive zu übernehmen, als schwächeren Staaten dauernd aus der Krise zu helfen", so Horn.

Die Versuche zur Rettung Griechenlands vor der Staatspleite verstellen den Blick auf die eigentlichen Probleme der Währungsunion: Lediglich die Defizite der öffentlichen Haushalte werden als eine Gefahr für den Euro gesehen. Dies stellt jedoch auf Dauer eine gefährliche Verengung der ökonomischen Zusammenhänge dar, zeigt das IMK. Denn Schwierigkeiten mit der Zahlungsbilanz, die alle Verflechtungen mit dem Ausland abbildet, können in den Mitgliedstaaten auch auftreten, wenn der private Sektor überschuldet ist.

Seit Beginn der Währungsunion verzeichnen Länder wie Griechenland, Spanien oder Portugal deutliche Leistungsbilanzdefizite und einen fortschreitenden Verlust ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit - was sie für Krisen anfälliger machte. Aufgrund der aktuellen Krise ist nun gerade in diesen Staaten die Staatsverschuldung stark gestiegen.

Um Belastungen für den Zusammenhalt der Euroländer frühzeitig zu erkennen, ist daher eine den Nationalstaaten übergeordnete Instanz nötig, schreiben die Wirtschaftsforscher. Ob es sich bei dieser um einen Europäischen Währungsfonds, eine mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattete EU-Kommission oder um eine Arbeitsgruppe der Finanzminister handelt, sei dabei zweitrangig. Bislang fehlt eine Regelung, wie mit Zahlungsbilanzkrisen umgegangen werden könnte - ein Geburtsfehler der Währungsunion.

Die neu zu gründende Instanz sollte die Fehlentwicklungen in der Zahlungsbilanz zwischen Nationalstaaten im öffentlichen wie im privaten Sektor frühzeitig erkennen und Vorschläge zu ihrer Beseitigung machen. "Dabei wird es zwangsläufig um fiskalpolitische Maßnahmen gehen, die je nach Erfordernis die jeweilige Binnennachfrage eines Mitgliedslandes stimulieren oder bremsen", so die Forscher.

Bei größeren Problemen der Defizitländer sollte die Instanz Soforthilfen beschließen können. Diese sollten allerdings mit entsprechenden Auflagen verbunden sein. Erfüllen die Defizitstaaten sie nicht, könnte die EU weitere Unterstützungskredite verweigern, selbst wenn das Land dadurch zahlungsunfähig wird. Überschussländer müssten sich stärker an der Soforthilfe beteiligen - über die Anteile hinaus, die sie wegen ihrer wirtschaftlichen Position in der Währungsunion übernehmen müssen. Auch hierdurch könnten sie dazu angeregt werden, auf die Stabilität gefährdende Überschüsse zu verzichten. 

  • Seit Beginn der Währungsunion verzeichnen Länder wie Griechenland oder Spanien einen fortschreitenden Verlust ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Zur Grafik
  • Seit Beginn der Währungsunion verzeichnen Länder wie Griechenland oder Spanien deutliche Leistungsbilanzdefizite. Aufgrund der aktuellen Krise ist nun gerade in diesen Staaten die Staatsverschuldung stark gestiegen. Zur Grafik

Gustav Horn, Silke Tober, Till van Treeck, Achim Truger: Euroraum vor der Zerreißprobe? (pdf), IMK Report Nr. 48 April 2010

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