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HBS Böckler Impuls

Kapitalmarkt: Lehren aus der Finanzkrise

Ausgabe 15/2008

Eine bessere Regulierung könnte künftig Krisen auf dem Kapitalmarkt verhindern, ohne dass die Zentralbanken eine wachstumsfeindliche Geldpolitik betreiben müssen. Das IMK nennt vier Schritte dahin.

Die Krise an den Kapitalmärkten kommt die amerikanischen Steuerzahler teuer zu stehen, möglicherweise werden auch noch die öffentlichen Haushalte anderer Staaten zur Kasse gebeten. Das ist eine schreiende Ungerechtigkeit aber es gibt keine Alternative dazu. Die Gesamtwirtschaft befindet sich derzeit in der Geiselhaft der Finanzmärkte, sagt Gustav Horn, wissenschaftlicher Direktor des IMK. Trotz des ersten Rettungspakets schadet die Krise bereits der Realwirtschaft: Weil die Banken Kredite inzwischen restriktiver vergeben, sinken die Investitionen und damit auch das Wachstum in den USA, Großbritannien und Spanien. In den vergangenen Jahren hat die Weltkonjunktur die Exporte deutscher Unternehmen befördert und damit für Wachstum gesorgt; nun dürfte sie auch für einen Rückgang der Wirtschaftstätigkeit in Deutschland verantwortlich sein.

Kurzfristig müssen die Staaten den Finanzmarkt-Akteuren helfen, um weitere Schäden für die Gesamtwirtschaft einzudämmen, erklärt Horn. Doch das allein reiche nicht: Es besteht zugleich die Verpflichtung, langfristig einen Regulierungsrahmen für mehr Stabilität zu schaffen, um eine ähnliche Krise in der Zukunft zu verhindern. Finanzaufsicht und Zentralbanken stünden bislang zu wenige und nicht hinreichend treffsichere Instrumente zur Verfügung, um spekulative Blasen am Kapitalmarkt zu verhindern. Die Notenbanken stecken in einem Dilemma. Wenn sie nach klassischem Schema über den Zins gegensteuern, belasten sie auch die übrige Wirtschaft in einer ohnehin schwierigen Phase, sagt der Leiter des IMK. Horn schlägt daher vier Schritte für eine bessere Prävention vor.

Keine unbeschränkte Weitergabe von Schuldtiteln. Die Banken haben in den vergangenen Jahren Kredite gebündelt und sie dann weiterverkauft. Dadurch wurden Risiken verschleiert und viele nicht gedeckte Kredite gelangten in Umlauf. Horn regt folgende Vorschrift an, um diese Praxis zu begrenzen: Wer Kredite verkauft, soll einen Teil etwa zehn Prozent in den eigenen Büchern behalten müssen. Dann kann er sich nicht des gesamten Risikos entledigen.

Kreditfinanzierung deckeln. Investmentbanken und Fonds machen das Gros ihrer Geschäfte auf Pump. Bei niedrigen Zinsen verspricht das hohe Renditen. Geht ihr Kalkül aber einmal nicht auf, werden leicht die Geldgeber in Mitleidenschaft gezogen. Das IMK regt darum an, eine prozentuale Obergrenze für kreditfinanzierte Wertpapiergeschäfte festzulegen. Der Anteil eigenen Kapitals an den Transaktionen würde steigen und die Geschäfte wären weniger riskant.

Bilanzierungsvorschriften ändern. Unternehmen sind in der Krise gezwungen, rasch ihre Vermögenswerte in der Bilanz zu korrigieren. Abschreibungen können auf dem Markt zu einem Vertrauensverlust führen und letztlich dazu, dass Unternehmen kein Geld mehr geliehen bekommen und aus Mangel an Liquidität Insolvenz anmelden müssen. Die aktuellen Bilanzierungsregeln wirken prozyklisch: In Boomzeiten können sie für eine Überhitzung sorgen wenn Märkte florieren, steigen die Werte der Finanzanlagen quasi automatisch. Im Abschwung dagegen verschärft die Bilanzierungspraxis die Krise. Durch eine Korrektur der Vorschriften könnten Eskalationen verhindert werden.

Differenzierte Geldpolitik. Die aktuelle Krise wird viele Akteure des Finanzmarktes vorsichtiger machen, erwartet Horn. So könnten die Zentralbanken künftig auf hohen Zinsen bestehen, um die Entwicklung von Blasen zu unterbinden. Damit würden sie jedoch auch die Realwirtschaft bremsen. Horn spricht sich aus diesem Grund für eine differenzierte Geldpolitik aus: Für Kredite an Fonds und Banken, die sich an Spekulationen beteiligen, dürfe die Europäische Zentralbank dann erhöhte Mindestreserven verlangen. Durch dieses Instrument bestünde weiter die Möglichkeit, die Zinsen je nach Konjunktur zu senken.

  • Mehr als Viertel des Verkaufswertes haben die Fonds in den vergangenen Jahren mit Krediten gezahlt. Zur Grafik
  • Die US-Zentralbank senkte nach 2001 die Zinsen, um eine Wirtschaftskrise zu verhindern. Davon profitierten auch Private-Equity-Fonds – sie kauften Unternehmen mit günstigen Krediten. Zur Grafik

Gustav Horn ist Konjunkturexperte und wissenschaftlicher Direktor des IMK in der Hans-Böckler-Stiftung.

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