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Gestresste Familienmanagerinnen Böckler Impuls

Gleichstellung: Gestresste Familienmanagerinnen

Ausgabe 12/2023

In den meisten Haushalten sind es die Frauen, die den Alltag organisieren – unabhängig davon, ob sie in Teilzeit oder Vollzeit arbeiten.

Einkaufslisten machen, Abendessen planen, den Nachwuchs vom Kindergarten abholen, Termin für die Vorsorgeuntersuchung bei der Kinderärztin vereinbaren, zwischendurch den kranken Schwiegervater anrufen und an die Unterlagen für die Steuererklärung denken: Die Alltagsorganisation kann neben der Erwerbsarbeit eine Menge Zeit und Nerven kosten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sprechen von „unsichtbarer Denkarbeit“ oder „Mental Load“, wenn es darum geht, den Überblick zu wahren und Wege zu finden, das scheinbar Unvereinbare vereinbar zu machen. WSI-Forscherin Yvonne Lott und Paula Bünger haben untersucht, wie Frauen und Männer diese Planungsaufgaben untereinander aufteilen und welche Belastung daraus resultiert.

Ihre Studie beruht auf Angaben von rund 2200 Personen im Rahmen der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung. Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich in Paarbeziehungen von Erwerbstätigen überwiegend die Frau darum kümmert und dafür verantwortlich fühlt, dass wichtige private Aufgaben erledigt und Termine gehalten werden, liegt bei 62 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies vor allem der Mann übernimmt, beträgt hingegen lediglich 20 Prozent. Leben Kinder im Haushalt, ist die Diskrepanz noch größer. 

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Auch die empfundene Belastung durch die Planungsarbeit unterscheidet sich zwischen den Geschlechtern. Auf einer Skala von null bis sieben kommen Frauen im Schnitt auf 3,2, Männer auf 2,8. Beachtenswert sei zudem, schreiben Lott und Bünger, „dass sich Frauen in Teilzeit ebenso wie Frauen in Vollzeit durch kognitive Arbeit belastet fühlen. Es scheint also nicht so zu sein, dass Frauen durch kürzere Arbeitszeiten mehr mentale Entlastung im Alltag erfahren und etwa mit mehr Entspannung und Energie kognitive Arbeit erledigen.“

Der Mental Load sei „eine zentrale Dimension partnerschaftlicher beziehungsweise geschlechtsspezifischer Ungleichheit“, der auf verschiedenen Ebenen begegnet werden müsse, konstatieren die Forscherinnen. Es gelte, den „ins Stocken geratenen Wandel der Geschlechterarrangements“ in Fahrt zu bringen, auf politischer, aber auch betrieblicher Ebene, wo wesentliche Gründe für den geringen Fortschritt zu finden seien. Eine Maßnahme, um das zu ändern, könnten etwa Führungskräfteschulungen sein, die zum Wandel der Betriebskultur beitragen. Darüber hinaus sollten Väter aktiv über betriebliche und rechtliche Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf informiert und bei deren Nutzung unterstützt werden.

Yvonne Lott, Paula Bünger: Mental Load: Frauen tragen die überwiegende Last, WSI Report Nr. 87, August 2023
 

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