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HBS Böckler Impuls

Investitionen: Bröckelnde Substanz

Ausgabe 13/2013

In Deutschland wird zu wenig investiert, so das DIW. Darunter leiden Infrastruktur und Wirtschaftswachstum.

Medienberichte über löchrige Straßen, marode Schulen oder Lücken in den Kommunikationsnetzen illustrieren es: Die deutsche Investitionsquote ist eine der niedrigsten weltweit. Jedes Jahr werden rund 75 Milliarden Euro weniger investiert, als eigentlich nötig wären, hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) errechnet. Dabei orientieren sich die Forscher an den durchschnittlichen Investitionsquoten in den anderen Euroländern. Seit Ende der 1990-er Jahre kommen sie in der Summe auf einen Rückstand von rund einer Billion Euro.

Für ihre Untersuchung haben die Ökonomen zahlreiche Statistiken ausgewertet. Sie dokumentieren, dass Deutschland bei den Ausgaben für die Zukunft hinterherhinkt. So sank die Investitionsquote, also das Verhältnis aller Bruttoinvestitionen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), seit 1999 von knapp 20 auf rund 17 Prozent. Besonders investitionsschwach ist der Staat. Seine Investitionsquote lag seit dem Jahr 2000 konstant unter 2 Prozent des BIP. im Jahr 2011 betrug sie 1,6 Prozent. Im Euroraum investierte die öffentliche Hand im Durchschnitt dagegen 2,3 Prozent. Ebenso viel gab der amerikanische Staat aus, in Japan oder Australien waren es deutlich mehr als 3 Prozent. Die Zurückhaltung geht an die Substanz: Nach Abzug aller Verbindlichkeiten betrug das staatliche Nettovermögen, zu dem unter anderem die öffentliche Infrastruktur zählt, 1999 etwa 20 Prozent des BIP. 2011 waren es nur noch 0,5 Prozent.

Doch auch private Investoren halten sich laut DIW bei Investitionen im Inland zurück. So sind die Ausgaben der Unternehmen für immaterielle Werte – unter anderem Investitionen in Forschung und Entwicklung, Marketing oder Weiterbildung – mit knapp 6 Prozent des BIP niedriger als etwa in Frankreich oder den USA, wo die Unternehmen rund 9 Prozent dafür aufwenden. Gleichzeitig legen die Deutschen besonders viel Geld zurück: Die Sparquote betrug 2012 rund 24 Prozent. „Statt in den Aufbau des inländischen Kapitalstocks wurde ein hoher Anteil der deutschen Ersparnisse jedoch im Ausland angelegt“, so das DIW. Häufig keine gute Strategie: „Rund 400 Milliarden Euro haben deutsche Investoren seit 1999 auf ihr Auslandsvermögen verloren, was etwa 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspricht.“

Die Berliner Wirtschaftsforscher halten es für unverzichtbar, die öffentlichen und privaten Investitionen um 75 Milliarden Euro pro Jahr aufzustocken. Dadurch wäre es möglich, das mittelfristige Wachstumspotenzial von 1 auf 1,6 Prozent im Jahr zu erhöhen.

  • Deutschland lebt von der Substanz: Die Anlageinvestitionen liegen seit mehr als einem Jahrzehnt deutlich unter den Aufwendungen anderer europäischer Länder. Zur Grafik

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