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Arbeit attraktiver machen Böckler Impuls

Fachkräftemangel: Arbeit attraktiver machen

Ausgabe 11/2022

Viele Betriebe haben Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Ein wichtiger Grund sind unattraktive Arbeitsbedingungen.

Arbeitskraft ist knapp – zumindest in bestimmten Branchen: Laut der Bundesagentur für Arbeit gibt es etwa in Bauberufen, dem Handwerk, der Pflege oder dem IT-Bereich seit geraumer Zeit einen Mangel an Fachkräften. Wie Vertreter und Vertreterinnen der Beschäftigten dieses Problem sehen, hat WSI-Forscherin Elke Ahlers analysiert. Ihre Studie basiert auf Daten der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung 2021/2022, an der knapp 3900 Arbeitnehmervertretungen in Betrieben und Dienststellen ab 20 Beschäftigten teilgenommen haben. Den Ergebnissen zufolge sind die Schwierigkeiten zum Teil hausgemacht: Bei bis zu einem Drittel der betroffenen Betriebe erschweren Arbeitsplatzmerkmale wie niedrige Löhne oder ungünstige Arbeitszeiten die Personalgewinnung.

Dass Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft verbreitet ist, bestätigen die befragten Betriebs- und Personalräte: 56,2 Prozent von ihnen geben an, dass in den vergangenen 24 Monaten nicht alle ausgeschriebenen Stellen besetzt werden konnten. Besonders hoch ist der Anteil mit 80,2 Prozent im Gesundheitswesen und mit 72,2 Prozent im Baugewerbe. Neben der Branche spielt das erforderliche Qualifikationsniveau eine wichtige Rolle: Von den Befragten, deren Betrieb von Personalnot betroffen ist, berichten 70,5 Prozent, dass Stellen für Hochqualifizierte vakant geblieben sind, bei 63,2 Prozent waren es Arbeitsplätze für Fachkräfte mit Berufsausbildung. Probleme bei der Gewinnung von Auszubildenden geben 28,6 Prozent zu Protokoll, Personal für einfache Tätigkeiten fehlt bei 19,4 Prozent.

Als Hauptgrund für die Probleme nennen die Betriebs- und Personalräte mehrheitlich den Mangel geeigneter Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt. Relevant sind aber auch schlechte Arbeitsbedingungen: Wenn es um fehlendes Personal für einfache Tätigkeiten geht, hält fast ein Drittel die unattraktiven Konditionen für ausschlaggebend. In den Branchen Verkehr, Lagerei sowie Gastgewerbe ist der Anteil der Befragten, die die Arbeitsbedingungen vor Ort verantwortlich machen, sogar größer als der Anteil derjenigen, die auf den Arbeitsmarkt verweisen.

Der Fachkräftemangel in Deutschland sei real und müsse zur Kenntnis genommen werden, auch wegen der negativen Folgen für Belegschaften wie Arbeitsintensivierung und Überlastung, so Ahlers. Attraktivere Arbeitsbedingungen könnten nach ihrer Einschätzung dazu beitragen, das Problem in den Griff zu bekommen. Um insbesondere Geringqualifizierte, Ältere und Menschen mit Migrationshintergrund besser ins Arbeitsleben zu integrieren, brauche es zudem mehr Weiterbildung. Mehr Kita-Plätze, familienfreundliche Arbeitszeiten, eine gerechtere partnerschaftliche Aufteilung der Sorgearbeit und Homeoffice könnten jungen Eltern die Teilhabe am Erwerbsleben erleichtern. Zudem könnten gesundheitsverträgliche Arbeitsbedingungen und eine bessere Prävention Älteren den Verbleib im Job ermöglichen. Um ausländische Fachkräfte zu gewinnen, sollten die Kosten von Sprachkursen vom Staat oder von Unternehmen übernommen, die Anerkennung ausländischer Abschlüsse erleichtert und Anpassungsqualifizierungen ermöglicht werden.

Forschung im Überblick

Ein aktuelles Forschungsmonitoring zeigt, welche neuen Veröffentlichungen im ersten Quartal 2022 erschienen sind zu den Themenschwerpunkten Digitalisierung und Arbeit der Zukunft, Standards für digitale Arbeitsformen, Beschäftigung im Wandel, Aufwertung der Arbeit, Humanisierung der Arbeit 4.0, atmende Arbeitszeiten und Zeitarrangements, Künstliche Intelligenz und sozial-ökologische Transformation.

Elke Ahlers, Valeria Quispe Villalobos: Fachkräftemangel in Deutschland? Befunde der WSI-Betriebsrätebefragung 2021/22, WSI Working Paper, im Erscheinen

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