Investitionsförderung: Notwendig, aber mit unnötig teurem Geschenk
Der „Investitionsbooster“ der Bundesregierung sorgt für Wachstum. Allerdings enthält er übermäßig großzügige Steuergeschenke für Unternehmen.
Das von der Bundesregierung initiierte steuerliche Investitionssofortprogramm mit dem sogenannten Investitionsbooster kann nach Ansicht des IMK kurzfristig für mehr Wachstum sorgen. Es sei „ein wichtiger Teil einer breit angelegten Wachstums- und Modernisierungsstrategie des Landes“, erklärt IMK-Direktor Sebastian Dullien. Es kurbele die privaten Investitionen an, bis die geplanten öffentlichen Investitionen aus dem Sondervermögen von 500 Milliarden Euro ihre Wirkung entfalten. Allerdings enthält es mit den ab 2028 greifenden deutlichen Steuersatzsenkungen bei der Körperschaftsteuer unnötig teure Geschenke für die Unternehmen.
Laut Dullien sind die zusätzlich geplanten öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur, die mit dem nach der Grundgesetzänderung neu eingeführten Sondervermögen finanziert werden sollen, das wichtigste Element der Wachstumsstrategie der Bundesregierung. Sie könnten das deutsche Bruttoinlandsprodukt nach Berechnungen des IMK langfristig um drei bis sieben Prozent erhöhen. Allerdings dürfte der Effekt mit Verzögerung auftreten, da es einige Zeit dauern wird, bis die ersten Projekte realisiert werden können. Hier setzt das nun verabschiedete Programm zur steuerlichen Entlastung von Unternehmen an. Es dürfte schnell Wirkung zeigen, da die verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten private Investitionen attraktiver machen und schon ab 1. Juli des laufenden Jahres gelten. „Es ist zu erwarten, dass die Maßnahmen des Sofortprogramms schon ab dem dritten Quartal 2025 zu einer Erholung der Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen in Deutschland beitragen werden. Wichtig ist auch, dass das Gesetz nun für Planungssicherheit bei den Abschreibungsbedingungen von Ausrüstungsinvestitionen sorgt“, so Dullien. Zuvor hatten Verzögerungen bei der geplanten Wachstumsinitiative der vorherigen Bundesregierung und eine Vielzahl unterschiedlicher Vorschläge in den Wahlprogrammen für Unsicherheit gesorgt. Aufgrund der fehlenden Planungssicherheit und in der Hoffnung auf Förderprogramme hatten viele Unternehmen ihre Investitionen seit Mitte 2024 zurückgestellt.
Pauschale Steuersenkungen nützen nicht
Das nun beschlossene Investitionsprogramm sieht unter anderem sogenannte Superabschreibungen von dem dreifachen normalen Satz und maximal 30 Prozent für Ausrüstungsinvestitionen sowie noch einmal höhere Abschreibungen für Elektroautos vor. Außerdem gibt es bessere Möglichkeiten, Forschungsausgaben abzusetzen. Dadurch müssen Unternehmen kurzfristig erheblich weniger Steuern zahlen. Darüber hinaus ist ab dem Jahr 2028 eine stufenweise Senkung der Körperschaftssteuer um insgesamt fünf Prozentpunkte geplant. Dies wird vor allem ab dem kommenden Jahrzehnt die Steuereinnahmen des Staates empfindlich schmälern.
Die Expertinnen und Experten des IMK bewerten die höheren Abschreibungssätze sowie die Förderung der Elektromobilität uneingeschränkt positiv. Sie seien „wachstumsfördernd und effizient“. „Solche Maßnahmen sind derzeit wichtig, da es eine nachhaltige Nachfrageschwäche bei Kraftfahrzeugen und insbesondere E-Autos gibt, gleichzeitig aber ein schneller Anstieg der Verkaufszahlen für die deutsche Automobilindustrie wichtig ist, um von Skalen- und Lerneffekten zu profitieren“, so Dullien. Auch die verbesserte Förderung der betrieblichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung sei sinnvoll. Ein Vorteil der verbesserten Abschreibungsbedingungen sei zudem, dass zwar die Unternehmen jetzt entlastet werden, aber in der Zukunft wieder mehr Steuern zahlen müssen. Das schaffe Investitionsanreize, ohne die öffentlichen Finanzen dauerhaft zu belasten.
Die geplante Senkung der Körperschaftssteuersätze hingegen überzeuge nicht. „Diese Maßnahme hat keinen empirisch gesicherten Effekt auf Unternehmensinvestitionen und Wirtschaftswachstum und geht andererseits mit enormen Einnahmeausfällen für den Staat sowie negativen Verteilungseffekten einher“, erklärt der IMK-Direktor. Bereits im Jahr 2029 werden diese Steuersenkungen Bund und Ländern laut Schätzung der Bundesregierung knapp neun Milliarden Euro kosten. Für das Jahr 2032, in dem die Steuersenkung ihre volle Wirkung entfalten wird, liegt noch keine offizielle Berechnung vor. Ein Einnahmeverlust von gut 25 Milliarden Euro pro Jahr ist jedoch plausibel.
Insgesamt müsse verhindert werden, dass die Steuersenkungen zu finanziellen Engpässen bei den Gebietskörperschaften und damit zu Kürzungen bei den öffentlichen Investitionen führen. Durch die Kombination von Veränderung bei Abschreibungsbedingungen und niedrigeren Steuersätzen verursache das Paket zunächst vorübergehende Steuerausfälle bei allen Gebietskörperschaften mit Schwerpunkt bei den Kommunen, später dauerhafte Steuerausfälle vor allem bei Bund und Ländern.
Kurzfristig sei es wichtig, die vorübergehenden Einnahmeausfälle der Kommunen auszugleichen, wie es Bund und Länder nun auch vereinbart haben, so Dullien. Mittel- und langfristig sollte überlegt werden, wie die dauerhaften Einnahmeausfälle durch die niedrigeren Körperschaftsteuersätze ausgeglichen werden könnten. Fehlende Einnahmen könnten etwa durch eine höhere Besteuerung von Besserverdienenden und hohen Vermögen über andere Steuern kompensiert werden. „Der Bundestag sollte sich auch vorbehalten, die Senkung der Körperschaftssteuersätze, die ohnehin erst schrittweise ab 2028 einsetzen soll, wieder zurückzunehmen, wenn sich bis dahin keine grundlegende Entspannung der öffentlichen Finanzen abzeichnet“, sagt Dullien.
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Sebastian Dullien, Katja Rietzler: Das steuerliche Investitionssofortprogramm: Sinnvolle Investitionsförderung mit unnötig hohen langfristigen Kosten, IMK Policy Brief Nr. 193, Juni 2025