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HBS Böckler Impuls

Dritter Bildungsweg: Studium: Hohe Hürden ohne Abi

Ausgabe 17/2014

Studieren ohne Abitur – das geht, ist aber schwierig. Bewerbungs- und Zulassungsverfahren sind uneinheitlich und oft schwer durchschaubar. Versagensängste lösen sich dagegen oft schon im ersten Semester in Wohlgefallen auf.

 

Ein Beschluss der Kultusministerkonferenz von 2009 sollte Menschen ohne Abitur, aber mit beruflicher Qualifikation den Zugang zu Unis und Fachhochschulen erleichtern. Dennoch gelten bislang von Bundesland zu Bundesland und von Uni zu Uni unterschiedliche Regeln. Und die Zahl der Studierenden ohne Abi hält sich in engen Grenzen: An staatlichen Universitäten waren es 2011 nur 0,8 Prozent der Studentenschaft, an Fachhochschulen immerhin 3,7 Prozent. Ein Forschungsprojekt an der Uni Bremen untersucht – gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung –, welche Herausforderungen der so genannte dritte Bildungsweg mit sich bringt. Jessica Heibült und Moritz Müller führen dazu Interviews mit 40 Studierenden. Zwischenergebnisse zeigen: Die größten Schwierigkeiten machen die ersten Schritte. Nach einer Eingewöhnungszeit funktioniert das Studium selbst oft erstaunlich reibungslos – nicht zuletzt, weil Studierende auf dem dritten Bildungsweg im Beruf gelernt haben, strukturiert zu arbeiten und ihren Kommilitonen in organisatorischer und kommunikativer Hinsicht oft voraus sind.

Information. Die Auswertungen zeigen, dass viele beruflich Qualifizierte von der Möglichkeit zu studieren nur durch Zufall erfahren haben. Die weitere Recherche gestaltete sich häufig mühsam: Die Zulassungsverfahren sind nicht nur kompliziert, sondern die nötigen Informationen auf den Websites der Hochschulen auch schwer zu finden.

Zulassung. Selbst im Nachhinein sind sich erfolgreiche Bewerber oft nicht sicher, welchem Teil der eingereichten Unterlagen sie ihren Studienplatz letztlich verdanken. Bis zur endgültigen Zulassung sind sie meist in großer Unsicherheit. Und das kann Folgen für den Studienbeginn haben: Wer erst kurz vor Semesterbeginn seine Zusage bekommt, kann nicht rechtzeitig bei seinem Arbeitgeber kündigen und verpasst an der Hochschule wichtige Einführungsveranstaltungen.

Kulturschock. In der ersten Zeit an der Uni fühlen sich beruflich Qualifizierte häufig fremd: Sie fallen auf, weil sie meist merklich älter sind als ihre Kommilitonen, und sie fürchten, den fachlichen Anforderungen nicht gerecht zu werden.

Doch solche Ängste „lösen sich bei den meisten Befragten in den ersten Semestern auf“, haben Heibült und Müller her­aus­gefunden. „Insgesamt studieren beruflich Qualifizierte sehr ehrgeizig und diszipliniert“, konstatieren die Wissenschaftler. Nach ihrer Analyse ist es nun vor allem an den Universitäten, den dritten Bildungsweg durch Information und transparente Verfahren zu stärken.

  • Zugelassen zu werden ist oft schwieriger als das Studium selbst. Zur Grafik

Jessica Heibült, Moritz Müller: Der dritte Bildungsweg an die Universität – Übergangserfahrungen von beruflich qualifizierten Studierenden, in: Zeitschrift für Beratung und Studium 2/2014

Weitere Studien zum Thema auf den Seiten der Forschungsförderung:

Walburga Freitag: Zweiter und Dritter Bildungsweg in die Hochschule

Matthias Klumpp: BERATEC – Erfahrungen und Erfolg von Technikern im Studium

Manfred Wannöffel: Hochschulzugang für Berufstätige

Josef Hoormann: Der Dritte Bildungsweg für Studierende der EAdA

Ingrid Miethe: Non-traditional Students


 

 

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