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HBS Böckler Impuls

Befristete Beschäftigung: Leben in der Schwebe

Ausgabe 20/2016

Viele junge Leute erhalten keinen unbefristeten Arbeitsvertrag. Damit verbunden sind weitere Nachteile: Das Einkommen fällt geringer aus, die Familie bleibt häufig auf der Strecke.

Mehr als 60 Prozent aller befristet Beschäftigten in Deutschland sind jünger als 35 Jahre. Dies zeigt eine Auswertung von Eric Seils. Der WSI-Forscher hat die Arbeitsbedingungen und die Lebenssituation von Menschen mit befristeten Arbeitsverträgen analysiert. Auszubildende, Praktikanten und Umschüler sind dabei ausgeklammert.

Rund 41 Prozent der abhängig Beschäftigten zwischen 15 und 19 Jahren arbeiten befristet – dieser hohe Anteil erklärt sich unter anderem durch Ferienjobs. Aber auch bei den 20- bis 24-Jährigen liegt der Anteil noch bei 27 Prozent, bei den 25- bis 29-Jährigen sind es 20 Prozent. Zum Vergleich: Der Anteil der befristet Beschäftigten über alle Altersgruppen hinweg liegt bei gut 9 Prozent.

Bei ihrem ersten Job sind Menschen ohne Berufsausbildung und solche mit Universitätsstudium häufiger befristet beschäftigt als Personen mit dualer Ausbildung oder Fachhochschüler. „Gerade bei Absolventen wenig standardisierter Studiengänge nutzen Unternehmen die Befristung gerne als verlängerte Probezeit“, erklärt Seils. Immerhin: Den Hochqualifizierten gelingt es vergleichsweise häufig, auf eine unbefristete Stelle zu wechseln. Den Effekt gibt es bei jungen Leuten ohne Berufsausbildung nicht. Bei Fachhochschülern und Absolventen einer dualen Ausbildung erleichtert die Ausrichtung auf einen bestimmten Beruf den Weg in die unbefristete Beschäftigung.

Auf das Einkommen wirken sich Befristungen deutlich aus: Mehr als ein Viertel der befristet Beschäftigten unter 35 Jahren verdiente mit einer Vollzeittätigkeit netto weniger als 1.100 Euro im Monat. Das entspricht in etwa dem Minimum, das der Mindestlohn garantiert. Von den jungen Beschäftigten ohne Befristung kamen nur rund 9 Prozent nicht über diesen Betrag hinaus.

Wer keinen unbefristeten Vertrag hat, kann seine Zukunft nicht sicher planen. Er muss häufig die Stelle wechseln, nicht selten in eine neue Stadt ziehen. Darunter leiden auch Partnerschaft und Familienplanung. Nur 17 Prozent der befristet Beschäftigten zwischen 20 und 34 Jahren sind verheiratet. Unter den Gleichaltrigen mit unbefristetem Arbeitsvertrag sind es 27 Prozent. In hundert Haushalten von befristet Beschäftigten dieser Altersgruppe leben durchschnittlich 29 Kinder, bei den Unbefristeten sind es 42.

  • Viele abhängig Beschäftigte unter 35 Jahren sind nur auf Zeit angestellt. Zur Grafik

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