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Katharina von Hebel, Aufsichtsrätin bei den Ford-Werken in Köln Magazin Mitbestimmung

Aufsichtsratporträt: Wir bestimmen mit

Ausgabe 02/2022

Katharina von Hebel ist Aufsichtsrätin bei den Ford-Werken in Köln. Von Fabienne Melzer

Wegen der Quote? Katharina von Hebel lacht: „Ja, ich war eine Quotenfrau.“ Die Betriebsrätin, Aufsichtsrätin und seit Neuestem auch Vorsitzende des Eurobetriebsrats der Ford-Werke kam ursprünglich zur Mitbestimmung, weil bei den Betriebsratswahlen 2002 noch eine Frau für die Quote gesucht wurde. Ein Kollege sprach sie damals an: „Du bist als Vorgesetzte hart, aber immer fair. Du wärst für den Betriebsrat genau richtig.“

Die 55-Jährige war zwar nach ihrem Start bei Ford vor 31 Jahren recht schnell in die IG Metall eingetreten und schätzte die Arbeit des Betriebsrats. Aber als Verantwortliche für den Bereich Gastronomie mit 185 Beschäftigten sah sie sich selbst nicht in der Rolle der Arbeitnehmervertreter. Doch nach kurzer Bedenkzeit antwortete sie dem Kollegen: „Ich mache es. Aber nur, wenn ich über den Listenplatz in die Freistellung komme.“ Zur Erklärung fügt die Diplomingenieurin für Ernährungstechnik heute hinzu: „Ich hatte keine Lust, zwischen die Fronten zu geraten.“ 

Zehn Jahre später das gleiche Spiel: Nun wurde eine Frau für die Quote im Aufsichtsrat gesucht, und wieder wurde Katharina von Hebel gefragt. Diesmal musste sie nicht lange überlegen. Die Arbeit im Aufsichtsrat liegt ihr. „Ich arbeite sehr analytisch und strukturiert“, sagt sie. „Es macht mir Spaß, auf offene Fragen hinzuweisen und nicht locker zu lassen, bis sie geklärt sind.“ Sie ist bereit, sich auf die Argumente der Gegenseite einzulassen und ihre eigenen zu überdenken. Erwartet das aber auch von ihrem Gegenüber und hat es auch immer wieder erfahren. Seit sie die Interessen der Beschäftigten im Aufsichtsrat vertritt, hat sie stärker die ganze Branche im Blick. „Ich lese viel mehr Wirtschaftspresse und bleibe bei Themen wie Halbleiter, Rohstoffe und Ähnlichem auf dem Laufenden.“

Die Branche hat in den vergangenen Jahren einiges durchgestanden. Auf die Coronakrise folgte der Halbleitermangel, und gleichzeitig durchlief Ford ein schmerzhaftes Restrukturierungsprogramm. Fast 6000 Stellen wurden in den vergangenen drei Jahren abgebaut. Tätigkeiten vor allem für Fachkräfte fielen weg, andere, im Bereich der Softwareentwicklung, kamen hinzu. „Aber es wurde niemand entlassen, und keiner hat durch einen Arbeitsplatzwechsel Geld verloren“, sagt Katharina von Hebel.

Es gab eine interne Personalvermittlung und Qualifizierungsangebote für Beschäftigte. „Ein 45-jähriger Maschinenbauingenieur mit Familie und Häuschen in Pulheim zieht nicht mal eben um“, sagt die Betriebsrätin. „Ihm müssen wir die Möglichkeit geben, sich zum Softwareingenieur zu qualifizieren.“

Die Quote war wichtig

Doch nicht nur die Technik, auch die Kultur hat sich verändert. Vor zehn Jahren war Katharina von Hebel die erste und einzige Frau im Aufsichtsrat. Anfangs begrüßte der Vorsitzende die Runde mit: „Meine sehr geehrten Herren, sehr geehrte Frau von Hebel.“ Inzwischen sitzen vier weitere Frauen im Aufsichtsrat, und eine exklusive Begrüßung gibt es nicht mehr. Die gemischte Runde ist Normalität. 

Ohne Quote, denkt Katharina von Hebel heute, hätten sich die Gremien vermutlich nicht verändert. In diesem Punkt hat sich auch ihre Einstellung in den vergangenen 30 Jahren gewandelt. Als Berufsanfängerin bei Ford dachte sie noch: „Quote braucht kein Mensch. Wenn ich etwas leiste, werde ich auch gesehen.“ Inzwischen sagt ihr die Lebenserfahrung: „Vielleicht wird man gesehen, aber freiwillig hätte kein Mann seinen Platz für eine Frau geräumt.“ 
 

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