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Magazin Mitbestimmung

Porträt: Wer pöbelt, wird abgemahnt

Ausgabe 07+08/2013

Überzeugter Kämpfer gegen Diskriminierung: Athanassios Krikis, Betriebsrat der MAN Truck & Bus AG. Von Carmen Molitor

Im Betriebsrat der MAN Truck & Bus AG in München stellen die Betriebsräte mit Migrationshintergrund die absolute Mehrheit: Sie gewannen 22 Plätze im 37-köpfigen Gremium. „Das findet man sonst nirgendwo in Deutschland“, schätzt Athanassios Krikis, der 1988 aus Griechenland nach Deutschland kam und seitdem bei MAN arbeitet. Für ihn ist ein Betriebsrat ein wichtiger Motor für gesellschaftliche Integration: „Wir kämpfen für Gleichberechtigung. Und da, wo es einen gemischten Betriebsrat gibt, läuft das viel besser.“

1991 wurde Krikis Vertrauensmann, seit 1999 ist er – inzwischen freigestellter – Betriebsrat. Von Anfang an setzte er sich besonders für die zugewanderten Kolleginnen und Kollegen ein, die heute rund ein Drittel der 9060 Beschäftigten in München bilden. Neben der größten Gruppe, den türkischen Mitarbeitern, sind das vor allem Menschen mit griechischen, ex-jugoslawischen, italienischen oder polnischen Wurzeln. Längst hat das Unternehmen einen muslimischen Gebetsraum, die Kantine bietet auch Gerichte ohne Schweinefleisch an. Ein, zwei Mal im Jahr gebe es einen rassistischen Vorfall oder rechtsradikale Sprüche innerhalb der Belegschaft, zuletzt gegen einen afrikanischen Kollegen. Dagegen gehe man gemeinsam mit dem Arbeitgeber sehr konsequent vor, erzählt Krikis. Wer pöbelt, wird abgemahnt, versetzt oder fliegt raus.

Auch gegen strukturelle Diskriminierung setze man sich zur Wehr: „Wir haben immer noch nicht die gleichen Chancen, das ist die Realität“, betont Krikis. Deshalb mache sich der Betriebsrat energisch für qualifizierte Migrantinnen und Migranten stark, beispielsweise wenn es um Vorschlagslisten für die Personalauswahl und die Auswahl für Qualifizierungsmaßnahmen gehe. Der Erfolg: Früher sei unter den 300 Leitungskräften am Band kaum ein Migrant gewesen, heute seien es fast 30 Prozent.

Die meisten Anfragen von Beschäftigten mit Migrationshintergrund an den Betriebsrat drehen sich zurzeit um Bildung und Ausbildung. „Früher war die Philosophie: Jetzt habe ich meinen Job im Werk, und den mache ich, bis ich sterbe. Es ging den Leuten eher darum, ob sie sechs Wochen Urlaub am Stück bekommen, um nach Hause zu fahren“, sagt Krikis. „Jetzt wollen sie sich entwickeln und fragen nach, wo es eine Qualifizierungsmaßnahme gibt.“

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