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Gerechtigkeit Magazin Mitbestimmung

Vorschau: Wer ist dabei auf der Labora?

Ausgabe 04/2025

Die Labora als Konferenz für die Arbeit der Zukunft widmet sich in diesem Jahr der Frage, was gerecht ist – ob im Finanzsystem, im Job oder bei Algorithmen. Wir stellen einige Highlights vor. Von Kay Meiners

Er ist nicht nur freigestellter Betriebsrat und höchster Arbeitnehmervertreter bei Nokia, sondern auch Softwareentwickler: Clemens Suerbaum spricht in der Session „No risk, no fun?! KI-Systeme bewerten, um sie verantwortlich und gerecht gestalten zu können“. Künstliche Intelligenz (KI) hält überall Einzug in die Unternehmen, ihre Risiken bleiben oft unklar. Die Regulierung, wie sie von der Datenethikkommission und dem EU-KI-Gesetz skizziert wird, hilft, Chancen von KI zu nutzen und die Risiken zu mindern. Auf der Labora diskutiert Suerbaum darüber, wie KI-Systeme nach Risikostufen kategorisiert und reguliert werden sollten.

Portraitfoto Clemens Suerbaum, Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Nokia

„Gute Arbeit für Soloselbstständige“ – das ist der Leitgedanke des Projekts, an dem die Gewerkschaft Verdi beteiligt ist. Selbstständigkeit ist attraktiv und ermöglicht viel Freiheit – sie ist aber oft auch prekär. Das Haus der Selbstständigen soll das ändern und ein Kontaktpunkt sein, die Arbeitsbedingungen vor allem von Soloselbstständigen zu verbessern. So formulieren das Arbeitsministerium und der Europäische Sozialfonds das Ziel des seit 2020 geförderten Projekts. Das Angebot umfasst Online-Kurse genauso wie Beratungsstellen in Leipzig, Berlin, Hamburg und Köln. Ein wichtiger Ansatz ist es, die Organisation der Selbstständigen in Gruppen zu fördern, die dann gemeinsam mehr erreichen.

Soloselbstständigkeit hat in den letzten Jahren zugenommen. Wie sich diese Entwicklung auf Sozialpartnerschaft und Arbeitsmarktpolitik auswirkt, ist ein Thema der Session „Angestellt und selbstständig – fair geregelt?“

Logo vom Haus der Selbstständigen

Anne Brorhilker dürfte bis April vergangenen Jahres nur Insidern bekannt gewesen sein. Doch dann bat die Kölner Staatsanwältin um Entlassung und sorgte so für Aufsehen. Seit 2013 hatte sie maßgeblich die Ermittlungen zum Cum-Ex-Steuerbetrug vorangetrieben und große Erfolge erzielt – etwa bei einer weltweiten Razzia, bei der 130 Gebäude in 14 Ländern durchsucht wurden. Doch zehn Jahre danach wurden die Zweifel am politischen Willen zur Aufklärung des Skandals immer größer. Brorhilker quittierte den Dienst und ist seitdem Co-Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende. Sie kämpft für faire, stabile und nachhaltige Finanzmärkte und fordert, die Justiz im Kampf gegen Steuerbetrug besser auszustatten und die Bekämpfung von Finanzdelikten konsequenter voranzutreiben. Auf der Labora spricht sie zur Frage, wie durch Steuern ermöglichte Investitionen refinanziert werden. Der Vortrag ist Teil des Panels „Was kann Geld leisten – und wer kümmert sich um den Rest?“

Portraitbild von Anne Brorhilker, Finanzwende

Die Abkürzung TVStud steht für den Tarifvertrag für studentische Beschäftigte – die größte verbliebene Tariflücke im öffentlichen Dienst, die endlich geschlossen werden muss. Die bundesweite TVStud-Kampagne ist so stark wie nie zuvor: Während in Berlin bereits 1980 ein eigener Tarifvertrag für studentische Beschäftigte erkämpft wurde, formiert sich seit 2019 auch bundesweit eine wachsende Bewegung. Inzwischen organisieren sich in über 40 Städten studentische Beschäftigte, die sich 2023 im Rahmen der Tarifrunde der Länder erstmals bundesweit an Streiks beteiligten. Ergebnis war eine schuldrechtliche Vereinbarung mit Mindestentgelten und einer Mindestvertragslaufzeit von zwölf Monaten – ein erster Schritt. Das Ziel bleibt ein bundesweiter Tarifvertrag, der bessere Bezahlung, Mindestvertragslaufzeiten, Urlaubsansprüche und insgesamt bessere Arbeitsbedingungen sichern soll.

Der Protest hat mehr bewirkt, als es das Ergebnis vermuten lässt: Viele Aktive berichten von neuen Formen der Selbstorganisation. Dazu gibt es einen Impulsvortrag auf der Labora von Lea Bellmann (GEW).

Logo der Kampagne TVStud

Ein T-Shirt für zehn Mark ist für Marlen als Kind absoluter Luxus, Restaurantbesuche ein Ding der Unmöglichkeit. In Marlen Hobracks Roman „Klassenbeste“, der im vergangenen Jahr erschien, geht es um die Lebensgeschichte ihrer Mutter. Die Autorin und Journalistin Marlen Hobrack, die aus einem bildungsbenachteiligten Milieu stammt, schreibt darüber, wie es ist, arm zu sein, mit 19 Mutter zu werden und sich von Klassenscham und Ausgrenzung zu befreien. Geboren wurde Hobrack 1986 in Bautzen. Sie studierte später Literatur-, Kultur- und Medienwissenschaften an der TU Dresden. Seit 2016 arbeitet sie als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen und Magazine. Für sie ist die „Klassengesellschaft“ längst nicht überwunden. Dabei plädiert sie nicht dafür, dass alle Menschen studieren, „vielmehr sollen diejenigen, die dazu befähigt sind, studieren können, ohne Nachteile aufgrund des Status ihrer Eltern in Kauf nehmen zu müssen“. Hobrack spricht im Panel „Gerechte Zukunft mit fairer Arbeit – aber für wen?“

Marlen Hobrack

Aufklärungs- und Projektarbeit gegen Rassismus, Antisemitismus und rechtsextreme Gewalt – das ist das Anliegen des Vereins „Gesicht zeigen“, der im Jahr 2000 nach einer Reihe rassistischer und antisemitischer Gewalttaten gegründet wurde. Die Initiative ging von dem Journalisten und ehemaligen Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye aus. Zusammen mit Paul Spiegel und Michel Friedman, die damals dem Zentralrat der Juden vorstanden, gründete er den Verein. Das neue Projekt United! richtet sich an Unternehmen und stärkt diese in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus am Arbeitsplatz. Sophia Fresen vom Verein Gesicht zeigen berichtet in einem Impulsvortrag auf der Labora, warum gelebte Solidarität und Mitbestimmung die wirksamste Antwort sind und was man am Arbeitsplatz gegen rechte Tendenzen tun kann.

Logo der Kampagne 'Gesicht zeigen'

Die Informatikerin Meike Zehlike beschäftigt sich mit den sozialen Folgen Künstlicher Intelligenz und mit den einhergehenden ethischen Fragen. Nach welchen Kriterien etwa entscheidet die Software eines Fahrdienstes, welcher Wagen die nächste Fahrt angeboten bekommt? Muss das immer das Fahrzeug sein, das am kürzesten entfernt ist, oder sollten auch andere Kriterien einfließen? Zehlike ist Gründungsmitglied der europäischen Forschungsgemeinschaft für algorithmische Fairness und verfügt über umfangreiche Lehr- und Beratungserfahrung zu ethischer KI. Sie spricht auf der Labora zum Thema: „Kann KI Gerechtigkeit?“.

Portraitfoto von Meike Zehlike, Expertin für Künstliche Intelligenz

Das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) mit Sitz in Berlin wurde im Jahr 2011 gegründet und soll die Entwicklung des Internets und die Digitalisierung aller Lebensbereiche erforschen. Nach eigener Angabe ist es das erste Institut in Deutschland, das „die enge Verflechtung technischer Innovationen mit gesellschaftlichen Prozessen in den Mittelpunkt stellt“. Die Entwicklung der Technik reflektiert Normen und Werte einer Gesellschaft – umgekehrt wirkt die Technik auch auf gesellschaftliche Wertvorstellungen ein. Mit diesem Ansatz erforscht das HIIG unter anderem neue KI-Anwendungen, Nachhaltigkeitsfragen und die digitale Zukunft der Arbeitswelt. Was bleibt uns in einer Arbeitswelt, in der Technik zunehmend Aufgaben übernimmt? Sonja Köhne und Georg von Richthofen vom HIIG stellen in einer Session auf der Labora empirische Befunde aus vier Berufsfeldern vor, in denen KI einen starken Einfluss hat: Journalismus, Programmierung, Marketing und Personalmanagement

Logo des Alexander von Humboldt Institut für Internet u. Gesellschaft (HIIG)

Mehr zum Thema:

Anmeldung zur LABOR.A und detaillierte Infos zu Programm und Speakers auf: https://labora.digital/

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