zurück
Porträtfotos von Stefan Genth (HDE), li. und Silke Zimmer (Verdi), re. Magazin Mitbestimmung

Pro & Contra: Sollen Smart Stores am Sonntag öffnen?

Ausgabe 02/2024

Ja, denn Smart Stores haben viel Potential für die Nahversorgung in ländlichen Gebieten, findet Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland e.V. (HDE). Nein, der Schutz des arbeitsfreien Sonntags ist für uns unverzichtbar, hält Silke Zimmer von Verdi entgegen.

JA!

Smart Stores – oder Automaten-Minimärkte – sind innovative und intelligente Selbstbedienungsläden mit echtem Mehrwert für Kundinnen und Kunden, gerade am Sonntag. Sie kommen ganz ohne Verkaufspersonal aus und stören die Sonn- und Feiertagsruhe nicht unverhältnismäßig. Zudem sind Innovationen und Investitionen des Handels mit Blick auf die künftige internationale Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Branche enorm wichtig.

In ländlichen Gegenden haben Smart Stores das Potenzial, entscheidend zur Sicherung der Nahversorgung und zur Steigerung der Lebensqualität in der Region beizutragen. Allerdings ist aufgrund des geringen Warenumsatzes in den Märkten eine Öffnung an allen Tagen im Jahr, auch an Sonntagen, entscheidend. Andernfalls ist das Konzept wirtschaftlich nicht tragfähig. Wegen der hohen Investitionskosten dürfte die Anzahl der Smart Stores hierzulande zunächst überschaubar bleiben.

Umso wichtiger ist es, Smart Stores als flexible Einkaufsmöglichkeit zu etablieren, die an jedem Tag zugänglich ist. Jedoch haben die Bundesländer unterschiedliche Genehmigungsvorgaben entwickelt, da die Regelungen zur Sonntagsöffnung in das Landesrecht fallen. In einigen Bundesländern ist die Sonntagsöffnung der Smart Stores in begründeten Fällen schon heute möglich. In Mecklenburg-Vorpommern hat nun sogar erstmals ein Landesgesetzgeber die Sonntagsöffnung von Smart Stores im Gesetz explizit aufgegriffen und zugelassen. Das ist zukunftsfähig und der richtige Weg.

STEFAN GENTH, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland e.V. (HDE)


NEIN!

Der verfassungsrechtliche Schutz des arbeitsfreien Sonntags ist für uns ein unverzichtbarer Schutz der Rechte von Beschäftigten. Viele Bundesländer erlauben mittlerweile eine Rund-um-die-Uhr-Öffnung der Geschäfte an sechs Tagen. Der freie Sonntag ist der einzige planbar freie Tag in der Woche, um gemeinsame Zeit mit der Familie, mit Freundinnen und Freunden oder im Ehrenamt zu erleben. Er muss frei bleiben.

Auch teilautomatisierte Supermärkte, sogenannte Smart Stores, müssen dem verfassungsrechtlich garantierten Sonntagsschutz unterliegen. Diese Läden, die nur vorgeben, personallos zu arbeiten, müssen von Beschäftigten am Wochenende beliefert, gewartet, überwacht und gereinigt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof Hessen stützt unsere Haltung mit seinem Urteil vom Dezember 2023, indem er feststellt, dass auch der Betrieb von Läden ohne Personal gegen den Sonntagsschutz verstößt. Das Gericht bekräftigt, dass gerade an Sonntagen geöffnete Geschäfte – unabhängig davon, ob an der Kasse eine Kassiererin sitzt oder nicht – den Charakter des Wochentags entscheidend prägen. Einen Sonntag der gemeinsamen Ruhe könne es daher nur geben, wenn die öffentliche Geschäftstätigkeit auf das notwendige Mindestmaß begrenzt werde.

Verdi wird daher weiterhin der Aushöhlung der Ladenöffnungs- beziehungsweise Ladenschlussgesetze, wie sie zum Beispiel in Bayern und Hessen in Vorbereitung ist, im Interesse der Beschäftigten entschieden entgegentreten.

SILKE ZIMMER, im Verdi-Bundesvorstand verantwortlich für den Handel


Und Ihre Meinung? Was halten Sie davon?

Schreiben Sie an: redaktion[at]boeckler.de

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen