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Nora Habelitz, Lisa Basten und Lisa Schrepf (v.l.n.r.) von der Forschungsstelle „Arbeit der Zukunft Magazin Mitbestimmung

Arbeit der Zukunft: „Wo sich Wissenschaft der Praxis stellt“

Ausgabe 04/2023

Ende September dreht sich im Berliner Café Moskau bei der diesjährigen Labora wieder alles um die künftige Arbeitswelt. Lisa Basten, Nora Habelitz und Lisa Schrepf von der Forschungsstelle „Arbeit der Zukunft“ über Besonderheiten und Höhepunkte an diesem Tag. Das Interview führte Fabienne Melzer

Wenn am 27. September die Labora in Berlin startet, gibt es da ein Highlight, das ihr auf gar keinen Fall verpassen werdet?

LISA BASTEN: Für mich ist das Highlight der Event selbst. Es kommen so viele Menschen aus Politik, Gewerkschaften, Wirtschaft, Wissenschaft  und Betrieben zusammen, da entsteht dieses „Bienenschwarm-Gefühl“. Ich wünschte, ich könnte mich vierteilen, um alles zu sehen, was ich spannend finde. Auf der einen Seite geht es beispielsweise um Teilhabe. Das Revierwende-Projekt zeigt berufliche Perspektiven für Menschen mit Behinderung. Auf der anderen Seite haben wir zwei Panels, in denen Frank Werneke, der Vorsitzende von Verdi, mit Luisa Neubauer von Fridays for Future und der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis mit dem Deutschen Naturschutzring auf der Bühne stehen. Da diskutieren wir, wie große Organisationen die Transformation gemeinsam voranbringen können in einer Weise, die sozial gerecht und klimafreundlich ist. Auf diese Spannbreite freue ich mich sehr.

NORA HABELITZ: Ich freue mich, dass wir in diesem Jahr die Transformation noch stärker international betrachten. Im ersten Panel, „Transformation global“, zeigen uns internationale Forschende, wie die sozialökologische Transformation
beispielsweise in Brasilien gestaltet wird. Das Panel diskutiert dabei auch die Frage, welche Rolle Deutschland und den Gewerkschaften in  globalen Arbeitszusammenhängen zukommt. Darüber hinaus gestalten internationale Partner wie UNI Global oder das europäische Competence Center der Friedrich-Ebert-Stiftung englischsprachige Sessions.

Der Schwerpunkt heißt dieses Jahr: sozialökologische Transformation. Wie habt ihr ihn gesetzt?

LISA SCHREPF: Die Frage, wie können wir Arbeit und Klimaschutz zusammendenken, zieht sich als roter Faden durch das komplette Programm. Über Transformation haben wir bereits im vergangenen Jahr diskutiert, aber da ging es noch darum, die Herausforderungen zu beschreiben. Mittlerweile passiert schon ganz viel in den Betrieben und Regionen. Es haben sich Allianzen und Netzwerke gebildet, und es gibt gute Lösungen aus der Praxis. Das wollen wir zeigen.

LISA BASTEN: Nachhaltigkeitsziele mit sozialen  Aspekten zusammenzudenken ist in der Praxis nicht immer einfach. Der Umbau zu klimaneutralem  Wirtschaften scheint immer wieder der Sicherung und dem Ausbau guter Arbeit entgegenzustehen. Wir zeigen, dass Menschen in ihren Betrieben, in Gewerkschaften und in Allianzen die Transformation bereits gestalten und Herausforderungen benennen. Durch das gesamte Programm zieht sich die Machtfrage auf unterschiedlichen Ebenen. Sie stellt sich in der Mitbestimmung: Wer bestimmt mit? Aber auch: Entscheiden Frauen, Jugendliche, Ältere mit? So stellt sich auch in der Frage danach, was der Staat regeln muss und was nicht. Und zuletzt ist die Machtfrage auch eine Frage der Ressourcen. Wer braucht was, um die Transformation zu gestalten? Wir schauen dafür in sehr unterschiedliche Regionen und sehr unterschiedliche Branchen.

Die Frage, wie wir Arbeit und Klimaschutz zusammendenken können, zieht sich als roter Faden durch das komplette Programm.“

Lisa Schrepf

Das klingt ein bisschen, als kennt ihr schon die Antworten.

LISA BASTEN: Viele Menschen in den Betrieben kennen Antworten, und sie wissen auch, was in ihrem Arbeitsumfeld funktioniert.

Was sind die dringenden Herausforderungen? LISA BASTEN: Der Fokus in diesem Jahr ist: Der sozialökologische Umbau findet jetzt statt. Trotz gemeinsamer Ziele sind die Herausforderungen und Lösungen sehr heterogen. Eine Session beschreibt den Umbau zur grünen Stahlproduktion. Eine andere beschreibt, wie die Verkehrswende sozialverträglich gestaltet werden kann. Für die Kreativwirtschaft mit ihren hybriden Arbeitsverhältnissen steht die soziale Absicherung im Fokus einer Session. Ein anderer Programmpunkt fokussiert auf den Tech-Sektor. Der Betriebsrat von TikTok zeigt die Chancen von Selbstorganisation auf.

Probiert ihr auch neue Formate aus?

LISA SCHREPF: Wir haben schon immer experimentiert. In Coronazeiten gab es die Veranstaltung Veranstaltung nur digital, mittlerweile findet die Konferenz hybrid statt – da müssen wir ausprobieren, welche Formate sich für Interaktion eignen. In diesem Jahr planen wir beispielsweise einige Sessions an einer Art rundem Tisch, an den wir das Publikum vor Ort und an den Bildschirmen einladen. Gleichzeitig haben wir wieder einen Ideenmarkt vor Ort, nachdem wir in den letzten Jahren nur digitale Ausstellungen anbieten konnten. Einen thematischen Schwerpunkt bilden regionale Transformationsprozesse, aber auch Themen wie KI, mobile Arbeit und Weiterbildung.

Nehmen wir an, ich bin Betriebsrat. Warum sollte ich unbedingt zur Labora kommen?

LISA SCHREPF: Weil sie der einzige Ort ist, der aktuelle wissenschaftliche Diskussionen und Praxiserfahrungen zur Arbeit der Zukunft zusammenbringt.

LISA BASTEN: Sie ist auf der einen Seite eine Veranstaltung mit hochkarätigen Vorträgen und gleichzeitig ein Raum für echten Austausch. Ein gutes Beispiel dafür ist die Session zum Gleichstellungsbericht der Bundesregierung: Die Bundesstiftung wird dort Einblicke in den Arbeitsprozess vorstellen und Feedback aus der Praxis einsammeln.

Gab es schon mal Rückmeldungen von Betriebsräten, dass sie von ihrem Besuch im Café Moskau eine Idee umgesetzt haben?

LISA SCHREPF: Konkrete Betriebsvereinbarungen landen natürlich nicht auf unserem Tisch. Wir wissen aber von gemeinsamen Projekten von Partnern, die sich auf unserer Veranstaltung kennengelernt haben.

Was passiert nach dem 27. September?

NORA HABELITZ: Wir bauen Jahr für Jahr einen Wissensspeicher auf. Seit 2020 kann man alle Programmpunkte der vergangenen Veranstaltungen in der Mediathek nachschauen. Nach dem 27. September werden wir das Material sichten. Aber klar ist, dass die Debatten dann in anderen Formaten, weitergeführt werden.

LISA BASTEN: Auch die Weiterentwicklung ergibt sich aus dem Bienenschwarm. Das Thema für 2024 ist völlig offen und hängt davon ab, was wir aus den Debatten Ende September mitnehmen.

LABOR.A® 2023 – WIE GESTALTEN WIR DIE „ARBEIT DER ZUKUNFT“?

Wer gestaltet die Arbeit der Zukunft? Wie stellen wir sicher, dass die Transformation Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit
vereint? Am 27. September 2023 werden auf der diesjährigen LABOR.A Herausforderungen, Visionen und aktuelle Lösungsansätze vorgestellt und diskutiert. Es warten 19 Sessions, sechs Panels und ein großer Ideenmarkt.

Mittwoch, 27.09.2023
9:00 bis 17:00 Uhr
Berlin & Digital

Eine Teilnahme ist im Berliner Café Moskau und digital möglich. Infos und Anmeldung unter www.labora.digital

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