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HBS Böckler Impuls

Lebensqualität: Wohlstand wächst langsam

Ausgabe 13/2019

Im jüngsten Aufschwung hat der gesamtgesellschaftliche Wohlstand zugenommen – allerdings weniger als die Wirtschaftsleistung.

Das zeigt der von einem Wissenschaftlerteam um den Heidelberger Professor Hans Diefenbacher im Auftrag des IMK berechnete Nationale Wohlfahrtsindex (NWI). Während das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,2 Prozent zunahm, stieg der Wohlstandsindex im Jahr 2017, so die neuesten verfügbaren Zahlen, nur um 0,9 Prozent.

Der NWI soll ein realistischeres Bild der Wohlfahrtsentwicklung als das BIP vermitteln. Insgesamt lassen die Forscher 20 Komponenten in den Index einfließen. Zu den wichtigsten zählt der private Konsum, bei dem auch die Einkommensverteilung berücksichtigt wird. Wird die Verteilung ausgeglichener, steigt der Wohlstand, was positiv in den Index eingeht. Steigende Ungleichheit führt zu einem Abzug. Darüber hinaus erfasst der NWI auch die Wertschöpfung durch Hausarbeit und ehrenamtliche Tätigkeiten sowie einen Teil der öffentlichen Ausgaben für Gesundheit und Bildung als wohlfahrtsstiftend. Von der Bilanz abgezogen werden Aufwendungen zur Beseitigung von Umweltbelastungen, Kosten für nicht erneuerbare Energieträger, Schäden durch Luftverschmutzung, Treibhausgase oder Lärmbelästigung sowie Kosten, die durch Kriminalität und Verkehrsunfälle entstehen. Auf diese Weise haben die Forscher in ihre Berechnung einen Korrekturfaktor eingebaut, der „Schattenseiten“ des Wirtschaftens berücksichtigt. 

In der längeren Frist klaffen BIP und Wohlstandsindex weit auseinander. Das BIP ist zwischen 1991 und 2017 real um rund 43 Prozent gewachsen. Der gesamtgesellschaftliche Wohlstand in der Bundesrepublik hat hingegen im gleichen Zeitraum lediglich um knapp 8,1 Prozent zugenommen. Besonders schwach hat sich der NWI in der Zeit von 1999 bis 2005 entwickelt, vor allem, weil die Einkommensungleichheit in Jahren hoher Arbeitslosigkeit und stagnierender Löhne anstieg. Trotz der „Verstetigung eines positiven Trends“ in jüngster Zeit, so die Forscher, befand sich das gesamtwirtschaftliche Wohlfahrtsniveau deshalb Ende 2017 nur auf dem gleichen Stand wie 20 Jahre zuvor.

Benjamin Held, Dorothee Rodenhäuser, Hans Diefenbacher: NWI 2019 – Verstetigung des positiven Trends, IMK Policy Brief, August 2019 

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