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HBS Böckler Impuls

Unternehmensmitbestimmung: Verfassungsgemäße Externe

Ausgabe 14/2006

Unter den Arbeitnehmervertretern in mitbestimmten Aufsichtsräten müssen laut Gesetz von 1976 auch externe Gewerkschaftsvertreter sein. Das ist auch in Zeiten einer globalisierten Wirtschaft verfassungsgemäß.

Der Vorschlag kam aus der ersten Biedenkopf-Kommission: Ein Unternehmen profitiere davon, wenn im Aufsichtsrat auch externe, vom Unternehmen unabhängige, Arbeitnehmervertreter mitwirken, waren die Fachleute überzeugt. Das Argument wurde dann auch im Mitbestimmungsgesetz von 1976 umgesetzt. Seitdem gilt: Auf den Arbeitnehmerbänken von Kapitalgesellschaften mit mehr als 2.000 Beschäftigten sitzen auch zwei bis drei "Externe". Die im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften haben das Vorschlagsrecht für diese Aufsichtsratsmitglieder, gewählt werden sie von der Belegschaft.

1979 entschied das Bundesverfassungsgericht, das Gesetz sei verfassungsgemäß, inklusive der Externen-Regelung in Paragraf 7. Das gilt - trotz Kritik mancher Arbeitgebervertreter - auch in Zeiten der Globalisierung, resümiert Jürgen Kühling. Die Regelung "steht auch heute noch mit der Verfassung im Einklang", schreibt der ehemalige Bundesverfassungsrichter.

In einem Gutachten im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung hat Kühling detailliert überprüft, ob Erfahrungen und Ergebnisse aus drei Jahrzehnten Mitbestimmungspraxis und -forschung aus verfassungsrechtlicher Sicht für die geltende Rechtslage sprechen oder nicht. Zentrale Ergebnisse:

  • Die Regelung verletzt die Eigentumsrechte der Unternehmer nicht. "Im internationalen Wettbewerb hat sich die Unternehmensmitbestimmung nicht nachteilig ausgewirkt", so Kühling.
  • Das Selbstbestimmungsrecht des Unternehmens wird nicht angetastet, es gibt keine "Fremdbestimmung" durch Gewerkschafter. Interessenkonflikte zwischen Aufsichtsratstätigkeit und Hauptberuf sind zwar prinzipiell sowohl bei Anteilseignervertretern als auch bei Gewerkschaftsvertretern im Aufsichtsrat möglich. Sie lassen sich aber angemessen vermeiden, indem die Betroffenen etwa an bestimmten Abstimmungen nicht teilnehmen.
  • Die Gleichheit und Freiheit der Wahl sind gewährleistet.
  • Weder die Arbeitnehmer- noch die Arbeitgeberverbände werden in ihrer Koalitionsfreiheit in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt.

Jürgen Kühling: Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat - Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit des § 7 Mitbestimmungsgesetz, Edition der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 181, 2006. Gutachten zum Bestellen

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