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HBS Böckler Impuls

Finanzinvestoren: Ungerechtfertigte Privilegien

Ausgabe 13/2007

Der Bund will mit einem Gesetz Wagniskapital fördern. Doch Finanzinvestoren sind die falsche Zielgruppe, um Gründer mit Kapital zu versorgen.

Private-Equity- und Hedge-Fonds versprechen ihren Anlegern extrem hohe Kapitalrenditen, die sie nur erzielen können, wenn sie Unternehmensteuern vermeiden. Darum bauen sie komplizierte Firmengebilde, mit denen sie sich in Deutschland ein "systemwidriges Steuerprivileg" sichern. Darauf weisen die beiden Professoren Lorenz Jarass und Gustav Obermair hin. Sie haben für die Hans-Böckler-Stiftung die Besteuerung von Private-Equity- und Hedge-Fonds untersucht. Der Fiskus geht in der Regel leer aus, denn

=> die erworbenen Unternehmen zahlen nichts, weil sie ihre Erträge mit den hohen Schulden aus dem Kaufpreis verrechnen und so den Gewinn reduzieren;

=> in Deutschland ansässige Fonds bleiben unbelastet, weil sie das Finanzamt oft als vermögensverwaltend einstuft - im Widerspruch zu ihrer offensichtlich gewerblichen Tätigkeit in der Beratung und Steuerung gekaufter Firmen;

=> die Geldgeber der Fonds haben ihren Sitz in Steueroasen.

Das Steuerprivileg eines "Vermögensverwalters" sollte nach Plänen des Finanzministers auf die Förderung von Wagniskapital für Unternehmensgründer im Bereich technologischer Innovationen eingeschränkt werden. Doch der nun vorliegende Gesetzesentwurf hat die Definition von Wagniskapital erheblich erweitert - und öffnet damit die Tür zu Steuersparmodellen, kritisieren Jarass und Obermair. Als förderungswürdiges Wagnis sollen dem Entwurf zufolge selbst Unternehmen mit einem Eigenkapital von 20 Millionen Euro gelten, die bis zu zehn Jahre bestehen. Eine solche Ausweitung zugunsten der Finanzinvestoren ist ökonomisch nicht gerechtfertigt, zeigen Jarass und Obermair.

Private Equity sorgt nicht für Wagniskapital: Das Kerngeschäft der Private-Equity-Branche ist der kreditfinanzierte Firmenkauf. Auf den Aufkauf großer und bereits bestehender Firmen entfielen im vergangenen Jahr 88,2 Prozent des Geldes, das die Fonds in Deutschland anlegten. Beteiligungen an High-Tech-Neugründungen machen hingegen nur einen kleinen Anteil aus: Gerade mal 6 Prozent ihrer Ausgaben investierte die PE-Branche 2006 in Start-ups. Und der Trend ist sogar rückläufig: Im ersten Quartal 2007 war der Betrag so niedrig wie zuletzt 2003. In der Bundesrepublik kommt das Risikokapital aus anderen Quellen, so Jarass und Obermair: aus der Forschungsförderung, von der Kreditanstalt für Wiederaufbau oder den Landesbanken.

Kapital ist in Deutschland keineswegs knapp: Die in Deutschland ansässigen Unternehmen haben 2005 ihren Finanzierungsbedarf zu fast 90 Prozent aus eigenen Mitteln gedeckt, gab die Bundesbank bekannt - das ist der zweithöchste Wert seit 1991. Die erwirtschafteten Beträge waren sogar höher als die Sachinvestitionen. "Dank ihrer günstigen Finanzlage hielt sich der externe Mittelbedarf der Firmen mit nur 16 Milliarden Euro in sehr engen Grenzen", so die Bundesbank. Von einem Mangel an Eigenkapital, der besondere Anreize für ausländische Investoren erfordert, kann keine Rede sein.

Wettbewerbsverzerrung durch Steuerprivilegien: Deutsche Konzerne nutzen Spielräume zur Steuergestaltung, doch selbst sie können Schlupflöcher nicht so ausnutzen wie Private-Equity- und Hedge-Fonds. "Der international tätige Erwerber hat allein durch die erreichte Steuerfreistellung der Unternehmenserträge einen erheblichen Wertzuwachs seiner Beteiligung erreicht", stellen Jarass und Obermair fest. Die Folge: Die Fonds können höhere Kaufpreise zahlen als andere Investoren und kommen so häufiger zum Zug. Die Steuerexperten beobachten "eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber regulierten und voll steuerpflichtigen Konkurrenten". Diese Schieflage solle nicht weiter verstärkt werden.

Kommt das Wagniskapitalbeteiligungsgesetz in Form des Entwurfs, würde es Anreize zur Steuergestaltung schaffen, warnen die Experten. Nicht nur für Finanzinvestoren: Um das Steuerprivileg eines Vermögensverwalters zu bekommen, könnten Unternehmen Firmenteile mit knapp unter 20 Millionen Euro Eigenkapital abspalten. Diese Abspaltungen müssten keine Gewerbesteuer zahlen und werden auch nicht in der Verlustverrechnung beschränkt, was eigentlich ab 2008 geschehen soll. Ausländische Eigner haben die Möglichkeit, sich komplett der Besteuerung zu entziehen.

Mit solchen Regeln würde sich die Bundesrepublik gegen den Trend in den Heimatländern der Private-Equity-Branche stellen, fügen Jarass und Obermair an. Denn in den USA und Großbritannien "gibt es nachhaltige Bestrebungen, die Vergünstigungen für die Fonds, ihre Anteilseigner und ihre Top-Manager zu reduzieren, nicht zuletzt aufgrund der Firmen- und Bankenzusammenbrüche, die derzeit die internationale Finanzwelt erschüttern".

  • Private-Equity-Fonds genießen Steuerprivilegien. Zur Grafik

Lorenz Jarass, Gustav M. Obermair: Steuerliche Aspekte der Aktivitäten von Private Equity Fonds und Hedge Fonds, Gutachten im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung, Juli 2007
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