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Teures Gas zwingt zum Sparen Böckler Impuls

Energiepreise: Teures Gas zwingt zum Sparen

Ausgabe 15/2022

Mehr Menschen wollen ihren Konsum wegen hoher Energiepreise einschränken. Die Effekte der Entlastungspakete werden bisher unterschätzt.

Viele Menschen in Deutschland empfinden die hohen Energiepreise als Belastung und sehen sich gezwungen, an anderer Stelle zu sparen. Das gilt besonders für Haushalte, die Gas beziehen: Fast zwei Drittel von ihnen bezeichnen die Kosten dafür als „eher schwere“ oder „sehr schwere“ finanzielle Belastung. Der Anteil ist in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Bei Haushalten, die mit Öl heizen, beträgt die Quote knapp 50 Prozent, im Fall von Fernwärme knapp 40 Prozent. Die Stromkosten empfinden etwas mehr als 40 Prozent als eher schwere oder sehr schwere Belastung. Das zeigt eine Analyse des IMK auf Basis einer repräsentativen Befragung, an der im August rund 2200 Personen zwischen 18 und 75 Jahren teilgenommen haben. 

Auch der Anteil der Menschen, die wegen der hohen Preise weniger Energie verbrauchen wollen und sich genötigt sehen, bei anderen Konsumausgaben zurückzustecken, ist im Vergleich zum Frühjahr gestiegen. Am häufigsten verzichten müssen Menschen mit niedrigen Einkommen, doch inzwischen sind auch mehr Menschen mit mittleren Einkommen betroffen. Aktuell geben rund 70 Prozent der Befragten an, bei Haushaltsenergie sparen zu wollen, und knapp 50 Prozent bei Kraftstoffen. Besuche in Gaststätten und Restaurants wollen 65 Prozent aller Befragten etwas oder erheblich reduzieren. 63 Prozent wollen bei Innenausstattung und Haushaltsgegenständen sowie 61 Prozent bei Bekleidung und Schuhen sparen. Geringer ist der Anteil derer, die weniger für Nahrungs- und Genussmittel ausgeben wollen. Immerhin sehen sich dazu aber noch 29 Prozent aller Befragten gezwungen, bei Menschen mit Haushaltseinkommen unter 2000 Euro netto monatlich sind es sogar fast 35 Prozent.

Die Befragung zeigt aber auch, dass die Wirkungen der Entlastungspakete I und II auf die persönliche finanzielle Situation „vielfach nur unvollständig wahrgenommen“ werden. Die reale Entlastung in diesem Jahr werde von Singles ohne Kinder um ein Drittel und von Familien mit zwei Kindern und zwei Erwerbstätigen um bis zu zwei Drittel unterschätzt, heißt es in der IMK-Analyse. Das liege vermutlich daran, dass die ersten beiden Entlastungspakete sehr kleinteilig konstruiert waren. Der angekündigte Energiepreisdeckel bei Strom und Gas könnte sowohl im Geldbeutel als auch im Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher stärker ankommen, so die Forschenden. Die genauen Auswirkungen des Entlastungspakets III seien bisher aber schwer vorhersehbar. So gebe es noch keine Details zur Umsetzung der angekündigten Strompreisbremse. Für den Gasmarkt sei bislang nur die Einrichtung einer Kommission versprochen, die eine Umsetzung eines Preisdeckels prüfen soll.

Sollte die Bevölkerung ihren Konsum infolge weiter steigender Energiepreise in den kommenden Monaten spürbar einschränken, würde sich das auf die gesamte Wirtschaft auswirken, warnen die Forschenden. Nach Berechnungen des IMK könnte die deutsche Volkswirtschaft 2023 insgesamt um mehr als 200 Milliarden Euro belastet werden, die aufgrund höherer Kosten für Energieimporte ins Ausland abfließen. „Die Energiepreise werden bis ins Jahr 2023 hinein hoch bleiben, und die daraus resultierende Zusatzbelastung ist noch nicht durch fiskalische Maßnahmen abgefedert und wird gesamtwirtschaftlich auch nicht durch Einkommenszuwächse ausgeglichen. Bleibt das so, droht eine konsumgetriebene Rezession“, sagt IMK-Direktor Sebastian Dullien.

Jan Behringer, Sebastian Dullien, Silke Tober: Menschen in Deutschland nehmen Entlastungspakete I und II nur begrenzt wahr, Ergebnisse aus der IMK-Energiepreisbefragung, IMK Policy Brief Nr. 131, September 2022

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