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HBS Böckler Impuls

Familiensplitting: Steuergeschenk für reiche Eltern

Ausgabe 04/2007

Die Bundesregierung will das Ehegattensplitting zum Familiensplitting ausbauen. Doch das würde weiterhin lediglich Gutverdiener deutlich entlasten. Eine verfassungskonforme Alternative könnte mehr Geld für alle Familien bringen.

Ganz egal, wie ein Familiensplitting ausgestaltet wäre: Niedrigen und mittleren Einkommensgruppen brächte es nichts. Denn ebenso wie beim Ehegattensplitting entstehen Steuervorteile wegen der Progression vor allem bei hohen Einkommen - und in Einverdienst-Ehen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat das in Frankreich praktizierte Familiensplitting für Deutschland durchgerechnet. Ergebnis: In Ehen mit einem Kind - in Deutschland sehr häufig - entstehen erst oberhalb eines Haushaltseinkommens von 69.000 Euro höhere Entlastungen als über die gegenwärtig gewährten Kinderfreibeträge. Bis zu einem Einkommen von 63.000 Euro ergeben sich im Vergleich mit Kindergeld und Kinderfreibetrag keine Veränderungen.

"Mit einem Familiensplitting wird das Ehegattensplitting nicht abgeschafft, sondern erweitert", kritisiert Heide Pfarr, Wissenschaftliche Direktorin des WSI. Je nach Ausgestaltung bliebe wahrscheinlich auch kinderlosen Einverdienst-Paaren ein erheblicher Steuervorteil. Nach Angaben der Bundesregierung lag 2005 die maximale Steuerentlastung bei 9.000 Euro. Wegen der 2007 eingeführten so genannten Reichensteuer liegt der höchstmögliche Splittingvorteil mittlerweile sogar bei 15.414 Euro.

Ein sozial problematischer Verteilungseffekt, so Pfarr:  "Soweit der Staat Familien finanziell fördert, sollte diese Förderung allen Familien in gleicher Weise zu Gute kommen beziehungsweise bedarfsabhängig erfolgen." Das Elterngeld unterstütze bereits besser verdienende Eltern. Das sollte nicht auch noch verstärkt werden.

Der Ausweg: Die Individualbesteuerung mit übertragbarem zweiten Grundfreibetrag. Diese sieht für jeden Ehepartner einen Grundfreibetrag vor, der das Existenzminimum von der Einkommensteuer freistellt. Wird der Freibetrag nicht ausgeschöpft, kann er auf den Partner übertragen werden. So ließen sich Steuermehreinnahmen von bis zu acht Milliarden Euro erzielen, hat eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie der Juristin Ulrike Spangenberg gezeigt. Diese Summe könnte außerhalb des Steuersystems erheblich effektiver für Familien eingesetzt werden, beispielsweise für mehr Einrichtungen zur Kinderbetreuung.

  • Die Enführung eines Familiensplittings käme in erster Linie Besserverdienern zugute. Zur Grafik

Viktor Steiner, Katharina Wrohlich: Familiensplitting begünstigt einkommensstarke Familien, geringe Auswirkungen auf das Arbeits­angebot, Wochenbericht Nr. 31/2006, DIW Berlin 2006.

Ulrike Spangenberg: Neuorientierung der Ehebesteuerung: Ehegattensplitting und Lohnsteuerverfahren, Arbeitspapier 106 der Hans-Böckler-Stiftung, 2005.
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