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HBS Böckler Impuls

Eurokrise: Sparkurs gefährdet Konsolidierung

Ausgabe 18/2011

Das Sparprogramm für Griechenland wird dessen Wirtschaft über Jahre bremsen. Warum, macht das IMK mit einer Übertragung auf deutsche Verhältnisse deutlich.

Zu einem entschlossenen Konsolidierungskurs gibt es in Griechenland keine Alternative, so das IMK. Doch die von der Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank geforderten Einsparungen haben so massive Nebenwirkungen auf die Konjunktur, dass der Konsolidierungserfolg gefährdet sei. „Sparen ist wichtig, aber kein Selbstzweck. Es ist kaum möglich, das Haushaltsdefizit nachhaltig zu reduzieren, wenn gleichzeitig die Wirtschaft schrumpft“, sagt Gustav Horn, der Wissenschaftliche Direktor des IMK.
Griechenland verletzt die Defizit-Vorgaben der Troika. Das aber führt das IMK nicht in erster Linie auf fehlende Sparanstrengungen zurück, sondern darauf, dass die Troika die Auswirkungen des Sparkurses unterschätzt hat. So rechnete die Troika für 2011 zunächst mit einem Rückgang des griechischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,6 Prozent. Aktuelle Prognosen gehen hingegen davon aus, dass das griechische BIP in diesem Jahr um mindestens 5 Prozent schrumpft und auch 2012 zurückgeht.

Warum der Sparkurs derart hart durchschlägt, wird deutlicher, wenn man ihn näherungsweise auf deutsche Verhältnisse umrechnet. IMK-Experte Henner Will hat das getan. Von 2010 bis 2014 muss der griechische Staat 52 Milliarden Euro einsparen oder durch höhere Steuern erwirtschaften. Das entspricht knapp 23 Prozent des BIP. Für Deutschland hieße das: Rund 500 Milliarden Euro Konsolidierung in fünf Jahren. Das ist fast so viel, wie Bund und Länder 2010 insgesamt an Haushaltsvolumen hatten (590 Milliarden). Müssten die Deutschen sparen wie die Griechen, kämen unter anderem folgende Lasten auf sie zu: Beitragserhöhungen von durchschnittlich 530 Euro jährlich für jeden gesetzlich Krankenversicherten, empfindliche Kürzungen bei Renten und Arbeitslosengeld, höhere Mehrwert- und Kraftstoffsteuern. Im öffentlichen Dienst stünden 460.000 Jobs auf dem Spiel.

Das IMK empfiehlt, die Sparanforderungen für Griechenland zeitlich zu strecken. Modellrechnungen der Forscher zeigen, dass dadurch das Wachstum weniger stark geschädigt würde. Und damit wäre es einfacher, die Konsolidierungsziele zu erreichen. Zudem solle die griechische Regierung den Sparkurs sozial ausgewogener gestalten und Vermögende stärker heranziehen.

  • Sparen wie die Griechen: Das IMK zeigt, was auf die Bürger in Deutschland zukäme, wenn man das griechische Sparprogramm näherungsweise auf deutsche Verhältnisse überträgt. Zur Grafik

Horn, Gustav A./Lindner, Fabian/Niechoj, Torsten /Truger, Achim /Will, Henner: Voraussetzungen einer erfolgreichen Konsolidierung Griechenlands (pdf), IMK Report, Nr. 66, Oktober 2011.

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