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HBS Böckler Impuls

Mitbestimmung: Sicher durch die Krise

Ausgabe 17/2017

Arbeitszeitverkürzung hat in der jüngsten Rezession mehr als eine Million Stellen gerettet. Möglich gemacht haben das Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft.

Um mehr als sechs Prozentpunkte brach das Bruttoinlands­produkt 2009 ein. Ein heftiger Rückgang der Beschäftigung wäre zu erwarten gewesen, doch Massenentlassungen blieben aus. Was ist geschehen? Die IMK-Forscher Alexander Herzog-Stein und Fabian Lindner sowie Simon Sturn von der University of Massachusetts haben die Vorgänge auf dem Arbeitsmarkt analysiert und mit den Folgen früherer Rezessionen verglichen. Ergebnis: Es waren vor allem Arbeitszeitkonten und Kurzarbeit, die Jobs gerettet haben, insgesamt 1,3 Millionen Stellen.

Ob nach den Ölkrisen der 1970er-Jahre oder nach dem Platzen der Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende: Stets wurden – in Relation zum Rückgang der Wirtschaftsleistung – mehr Arbeitnehmer entlassen. Der Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität schlug sich zu 30 bis 50 Prozent in Kündigungen nieder. In der letzten Krise, der „Großen Rezession“, waren die sozialpartnerschaftlich ausgehandelten Modelle zur Arbeitszeitflexibilisierung jedoch so weit ausgereift, dass „in den meisten Firmen eine Krisenstrategie zum Einsatz kam, die darauf setzte, eine Zeit lang die Produktion zu drosseln, statt Beschäftigte auf die Straße zu setzen“. Lediglich zwölf Prozent des Produktionsrückgangs „übersetzten sich“ diesmal in Entlassungen, so die Forscher. 

Der Ursprung für tarifvertragliche Arbeitszeitinstrumente wie Arbeitszeitkonten und zeitweilige Veränderungen der Regelarbeitszeit, geht der Studie zufolge auf Verhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie in den 1980er-Jahren zurück. Hier sei der Grundstein gelegt worden, um konjunkturellen Rückschlägen mit kollektiv vereinbarten Arbeitszeitinstrumenten entgegenwirken zu können. Im Jahr 2009 bestand bereits für die Hälfte aller Beschäftigten irgendeine Möglichkeit der Arbeitszeitanpassung, in der Industrie habe die Quote sogar deutlich höher gelegen, schreiben die Wissenschaftler. Daran hätten Mitbestimmung und deutsches Tarifvertragssystem einen wesentlichen Anteil. 

  • Arbeitszeitkonten haben in der jüngsten Krise viel Jobs gerettet. Zur Grafik

Alexander Herzog-Stein, Fabian Lindner, Simon Sturn: The German employment miracle in the Great Recession: the significance and institutional foundations of temporary working, Oxford Economic Papers, im Erscheinen 

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