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Hartnäckige weiße Flecken Böckler Impuls

Mitbestimmung: Hartnäckige weiße Flecken

Ausgabe 16/2025

Mehr als vier Zehntel der Beschäftigten arbeiten in Betrieben, die weder mitbestimmt noch tarifgebunden sind.

Das deutsche Modell der Arbeitsbeziehungen steht unter Druck: Sowohl bei der Tarifbindung als auch bei der betrieblichen Mitbestimmung zeichnet sich seit geraumer Zeit ein Abwärtstrend ab. Das geht aus einer Studie von Christian Hohendanner und Susanne Kohaut vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Der Anteil der Beschäftigten in Betrieben mit Branchentarif ist demnach zwischen 1996 und 2024 von 67 auf 41 Prozent gesunken und hat sich lediglich in Ostdeutschland zuletzt etwas stabilisiert. Weder ein Branchen- noch ein Haustarif galten 2024 für rund 50 Prozent der westdeutschen und 58 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten. Rund die Hälfte der Betroffenen war zwar in Betrieben tätig, die sich nach eigenen Angaben an einem Branchentarifvertrag orientieren. Allerdings würden tarifvertragliche Regelungen etwa zum Weihnachtsgeld oder zur Dauer des Jahresurlaubs oft nur teilweise übernommen, erklären die IAB-Forschenden. Das deckt sich mit Forschungsergebnissen des WSI, wonach die Entgelte in Betrieben mit „Orientierung“ am Tarif deutlich niedriger sind als in ähnlichen Betrieben mit einem verbindlichen Tarifvertrag.

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Infografik: 43 Prozent der Beschäftigten haben einen Betriebsrat.
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Einen Betriebsrat hatten der IAB-Auswertung zufolge 2024 etwa 43 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, im Westen 44, im Osten 37 Prozent. Wenn man den öffentlichen Dienst ausklammert und allein Privatbetriebe mit mindestens fünf Beschäftigten betrachtet, liegt der Anteil deutschlandweit bei 37 Prozent – ein Rückgang um 13 Prozentpunkte seit 1996. 

Infografik: Nur noch 49 Prozent der Beschäftigten arbeiten in einem tarifgebundenen Betrieb.
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Auch aus ökonomischer Sicht sei die Entwicklung problematisch, so Hohendanner und Kohaut: Tarifbindung und Mitbestimmung könnten im Wettbewerb um Arbeitskräfte einen wichtigen Vorteil darstellen. Dennoch werde mittlerweile 42 Prozent der Beschäftigten weder das eine noch das andere zuteil. Immerhin hätten die „weißen Flecken“ im Vergleich zum Vorjahr aber nicht mehr zugenommen.

Christian Hohendanner, Susanne Kohaut: Tarifbindung und betriebliche Interessenvertretung: Ergebnisse aus dem IAB-Betriebspanel 2024, WSI-Mitteilungen 4/2025

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