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HBS Böckler Impuls

Managergehälter: Deutsche Scheu vor Transparenz

Ausgabe 06/2005

Die Gesetzesinitiative zur Offenlegung von Vorstandsgehältern bleibt eher zahm - durch das Schupfloch "Opting-out" können Aktiengesellschaften die Transparenz verweigern.

Die "Opting-out"-Klausel im Gesetz sieht vor, dass die Hauptversammlung eines Unternehmens die Offenlegungspflicht aushebeln kann. Dazu müssen mindestens 75 Prozent des auf der Aktionärsversammlung repräsentierten Kapitals für Verschwiegenheit stimmen.

"Es gibt keine sachlich nachvollziehbare Begründung für solch ein Schlupfloch", kritisiert Wirtschaftsrechtsexperte Roland Köstler, der auch an den Arbeitsgruppensitzungen der Corporate-Governance-Kommission teilnimmt. Grundsätzlich begrüßt Köstler den Gesetzentwurf, obwohl er in manchen Punkten lediglich ein "Minimalprogramm" liefere. So bräuchten Unternehmen zum Beispiel nicht zu erläutern, welche konkreten Ziele ihre Vorstände erreichen müssen, um einen Erfolgsbonus zu erhalten. "Das aber ist das Interessanteste an der Offenlegung", sagt Köstler. Als viel problematischer bewertet er jedoch das "Opting-out" - auch weil es international absolut einmalig sei.

In anderen Industrieländern, allen voran den USA, ist es längst Vorschrift, die Bezüge der Vorstände börsennotierter Unternehmen individuell und detailliert auszuweisen. Der Druck der großen Investmentfonds nach diversen Managementskandalen hat zum Standard gemacht, was einige Deutsche wie BMW-Chef Panke noch "schädlich für den Standort Deutschland" nennen.

Köstler nimmt die "Opting-out"-Möglichkeit ernst: Die 75-Prozent-Latte liege zwar hoch, trotzdem dürfte sie in manchen Firmen zu überspringen sein, schätzt er. So macht sich Porsche-Chef Wendelin Wiedeking Hoffnungen, mit Rückendeckung der Familien Porsche und Piëch eine Freistellung von der Deklarationspflicht zu erreichen. Die beiden Großaktionäre halten zwar lediglich 50 Prozent aller Porsche-Stammaktien, anders als viele Kleinaktionäre lassen sie aber keine Hauptversammlung aus - damit könnten sie der notwendigen Mehrheit schon ziemlich nahe sein.

Zumindest was die denkbaren Mehrheitsverhältnisse auf der Hauptversammlung angeht, steht Porsche nicht allein da: Bei immerhin 8 der 30 DAX-Unternehmen liegt der Streubesitz nach Köstlers Analyse um die 50 Prozent oder sogar darunter. Und unter den mittelgroßen Aktiengesellschaften gibt es noch viel mehr, bei denen ein Transparenzverzicht zumindest rechnerisch durchaus zu organisieren wäre.

Dr. Roland Köstler ist Experte für Wirtschaftsrecht in der Hans-Böckler-Stiftung

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