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HBS Böckler Impuls

Wohnen: Sozialer bauen

Ausgabe 14/2018

In deutschen Metropolen fehlen Hunderttausende bezahlbare Wohnungen. Das wirksamste Gegenmittel wäre eine Renaissance des sozialen Wohnungsbaus.

Es gibt in Deutschland fast zwei Millionen günstige Wohnungen zu wenig. Allein in den zehn größten Städten fehlen rund 880 000. Diese Lücke durch den Bau von Sozialwohnungen zu schließen, würde beim aktuellen Förderumfang 185 Jahre dauern. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Untersuchung der Stadtsoziologen Andrej Holm, Stephan Junker und Kevin Neitzel. Ein großer Bestand an dauerhaft gebundenen Sozialwohnungen – wie es ihn beispielsweise in Wien gibt – sei „das Instrument mit dem größten Potenzial“ zur Bekämpfung des Mangels an bezahlbarem Wohnraum. Schließlich erhöhe der Bau von Sozialwohnungen direkt das Wohnraumangebot – während Instrumente wie Mietpreisbremse oder Wohngeld bestenfalls indirekt wirkten.

Die Förderprogramme seien trotz einer Ausweitung in den vergangenen Jahren viel zu klein dimensioniert, kritisieren Holm und seine Kollegen. Da die Wohnungsbauförderung seit Ende der 1990er-Jahre drastisch zurückgefahren wurde, gebe es einen großen Rückstand. Im Untersuchungsjahr 2014 wurden laut Studie in Deutschland gerade einmal 12 617 Wohnungen mit Sozialbindung neu gebaut. Auf die – besonders vom Mangel betroffenen – zehn größten Städte von Berlin bis Bremen entfielen davon 4721. Zwar hat sich der Neubau von Sozialwohnungen bis 2016 bundesweit auf rund 25 000 verdoppelt. Da aber nach meist 20 Jahren die Mietpreisbindung ausläuft, fallen ständig erschwingliche Sozialwohnungen weg: 2016 waren das mit bundesweit etwa 90 000 mehr als dreimal so viele wie neu gebaut wurden.

Nicht nur bei der Zahl der Neubauten erweist sich das bisherige Fördervolumen nach Analyse der Wissenschaftler als zu klein. Auch die abhängig von der Förderung festgeschriebenen Sozialmieten seien oft zu hoch, um für die Haushalte mit den größten Wohnproblemen bezahlbar zu sein. Als mittlere bundesweite Nettokaltmiete in einer neuen Sozialwohnung haben Holm und seine Kollegen 6,07 Euro pro Quadratmeter ermittelt, was einer Bruttowarmmiete von rund 8,70 Euro entspricht. Für Haushalte unter oder an der Armutsgrenze sei das zu viel.

  • In den zehn größten Städten fehlen rund 880000 Wohnungen; die Lücke durch den Bau von Sozialwohnungen zu schließen, würde beim aktuellen Förderumfang 185 Jahre dauern. Zur Grafik

Andrej Holm, Stephan Junker, Kevin Neitzel: Wem nutzen wohnungspolitische Maßnahmen? (pdf), Working Paper der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 93, September 2018

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