Forschungsprojekt: STAY - Praxisprojekt zu Fachkräfteeinwanderung

und Integrationsanforderungen im Gesundheitswesen

Projektziel

Fachkräfteeinwanderung im Gesundheitswesen ist ein wichtiger Baustein zur Aufrechterhaltung der Versorgungsstruktur, das Gelingen betrieblicher Integration jedoch keine Selbstverständlichkeit. In Kooperation mit einem Klinikverbund werden Lösungsansätze entwickelt, um die langfristige Bindung von Pflegefachkräften, die Entfaltung ihrer fachlichen Potenziale und kollegiale Zusammenarbeit zu stärken.

Projektbeschreibung

Kontext

Der Fach- und Arbeitskräftemangel gefährdet nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, sondern auch die Aufrechterhaltung und Transformationsfähigkeit der öffentlichen Daseinsvorsorge. Besonders im Pflegebereich wird der Bedarf an Fachkräften durch den demografischen Wandel weiter verschärft. Die Anwerbung ausländischer Fachkräfte soll dazu beitragen, dieser Entwicklung zu begegnen. Allerdings sind Gesundheitseinrichtungen oft nicht hinreichend auf die Qualifikationsprofile und das berufliche Selbstverständnis der neuen Fachkräfte eingestellt. Unzureichende betriebliche Integration, Unkenntnis von Arbeitnehmerrechten und Partizipationsmöglichkeiten können bei den angeworbenen Fachkräften wiederum zu erhöhter Unzufriedenheit, zum Abbruch von Arbeitsverhältnissen und einer relativ hohen Fluktuation oder einer Verfestigung qualifikationsinadäquater Beschäftigung führen. Hier besteht ein hoher Bedarf, die Integrationsfähigkeit der Kliniken und der Belegschaften weiterzuentwickeln.

Fragestellung

Zielsetzung des Projektes ist die Schaffung der organisationalen Voraussetzungen für die Gestaltung eines nachhaltigen Integrationsprozesses als Teil einer sozialpartnerschaftlichen und mitbestimmten Personalentwicklung in einem Klinikverbund. Betrachtet wird, mit welchen Anforderungen die Akteure im Praxisalltag konfrontiert und inwiefern die Herkunft und Dauer der Betriebszugehörigkeit der Beschäftigten relevant sind. Gefragt wird nach der formalen, statusbezogenen sowie der betrieblich-teambezogenen sozialen Anerkennung ausländischer Fachkräfte, welche Faktoren die System- und Sozialintegration im Betrieb begünstigen und in welchem Zusammenhang letztere mit der Betriebsbindung, insbesondere von neu zugewanderten Fachkräften, stehen. Schließlich ist von Interesse, welche Rolle die betriebliche Interessenvertretung – zwischen betrieblichem Universalismus und gruppenbezogener Förderung – für die innerbetrieblichen Integrationsprozesse spielen.

Untersuchungsmethoden

Methodisch ist das Praxisprojekt am Konzept des Reallabors orientiert, das eine aktive Beteiligung der Akteure vor Ort vorsieht. In einem ersten Schritt wird ein Projektteam aus Wissenschaft, Bildung und Praxis gebildet, um Ideen zu sammeln und die weitere Vorgehensweise festzulegen („Co-Design“). Durch qualitative Interviews und Gruppendiskussionen mit betrieblichen Akteuren wird weiteres Praxiswissen generiert, auf dessen Grundlage praxisnahe Integrationsmaßnahmen entwickelt und erprobt werden sollen. Dabei wird besonderer Wert auf die Co-Produktion von Wissen und Lösungen sowie Capacity Building (z.B. Mentoren-Programm) gelegt, um so einen nachhaltigen und wechselseitigen Integrationsprozess zu fördern. Umsetzung und Effektivität des Reallabors werden durch das Projektteam co-evaluiert und eine mögliche Übertragbarkeit auf andere Gesundheitseinrichtungen geprüft. Die Projektergebnisse sollen in Form von Handreichungen für die Praxis und Publikationen zugänglich gemacht werden.

Darstellung der Ergebnisse

Mit dem Ziel eines gelingenden Anwerbe- und Integrationsprozesses wurden im Klinikverbund vorausschauend Strukturen aufgebaut, u.a. eine Stabsstelle Integration und ein Mentor*innen-Netzwerk als Brückenbauer in den Teams. Dank eines „solidarischen Universalismus“ (Schmidt) herrschen gute Voraussetzungen für betriebliche System- und Sozialintegration. Dennoch stellen Sprach- und Dialektbarrieren, formale Anerkennung und außerbetriebliche Faktoren Hürden dar, ebenso wie Teams, in denen internationale Kolleg*innen eher isoliert sind, vorrangig in Helfertätigkeiten eingesetzt werden und nur schwer Eigenständigkeit erlangen – mit dem Risiko der Stagnation, Enttäuschung und des Verlassens des Unternehmens. Vorschläge zur Stärkung der betrieblichen Sozialintegration sind u.a. ein Café International, mehr Zeit und Anerkennung für Integrationsarbeit und die Förderung des Perspektivwechsels. Angestrebt wird ferner: Transfer guter (Integrations-)Praxis auf andere Stationen, Fokus auf Kompetenzen migrierter Kolleg*innen, ihnen Inhalte und Bedeutung der betrieblichen Interessenvertretung vermitteln und sie – im Sinne von Integration durch Teilhabe – für die Mitarbeit im Betriebsrat gewinnen.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Prof. Dr. Hans-Jürgen Bieling
Forschungsinstitut für Arbeit, Technik und Kultur e.V. (FATK) a.d. Universität Tübingen

Andrea Müller
Forschungsinstitut für Arbeit, Technik und Kultur e.V. (FATK) a.d. Universität Tübingen

Kooperationspartner

Grit Genster
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Bundesverwaltung
Ressort 12

Dietmar Erdmeier
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Bundesverwaltung
FB.3 Gesundheit, soz. Dienste, Wohlfahrt, Kirche

Eckhard Geitz
Fils-Neckar-Alb

Kontakt

Dr. Manuela Maschke
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung