Projektbeschreibung
Kontext
Die Eingliederungshilfe wird seit 2020 über des Vertragsrecht des SGB IX gesteuert. Dabei sollen die Preise für die einzelnen Leistungen über einen externen Vergleich gebildet werden, in dem die Preise aller vergleichbaren Leistungsangebote im Einzugsbereich des Leistungsträgers ermittelt werden. Der zu vereinbarende Preis muss dann, von Ausnahmen abgesehen, im unteren Drittel dieser Preisspanne liegen. Die Fachverbände und Gewerkschaften befürchten aufgrund dieser Regelung einen Preisdruck, der deutliche Auswirkungen auf die Qualität der Beschäftigung bei den Leistungsanbietern und damit auch die Leistungsqualität haben wird.
Aus der Stärkung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten ergeben sich zugleich Fragen zur Zusammenarbeit der Fachkräfte verschiedener Arbeitgeber und Spezialisierungen. Auf die Leistungsanbieter kommen damit neue Anforderungen in Bezug auf interinstitutionelle Kooperationen im Einzelfall zu.
Fragestellung
Mit der Untersuchung sollen zwei zentrale Fragen beantwortet werden:
- Welche Effekte hat der externe Vergleich für die Finanzierung der Fachleistungen und damit auf die Beschäftigungsbedingungen in der Eingliederungshilfe ab 2020?
- Welche Effekte hat die Modularisierung von Fachleistungen für die Beschäftigungsbedingungen in der Eingliederungshilfe ab 2020?
Es wurde untersucht, ob und wie die Bundesländer in ihren Ausführungsbestimmungen zum BTHG den externen Vergleich nach § 124 Abs. 1 und 3 SGB IX interpretieren und welche Rolle der externe Vergleich und der Modularisierung der Fachleistungen in den Verhandlungen zu den Landesrahmenverträgen spielten.
Untersuchungsmethoden
Mittels Dokumentenanalyse von Gesetzestexten und -begründungen, Landesrahmenverträgen, Stellungnahmen und relevanter Fachliteratur wurden Arbeits- und Verfahrensregeln, Organisationsstrukturen, Steuerungsmodi und finanziellen Anreizstrukturen im Feld der Eingliederungshilfe untersucht. Mittels problemzentrierten Experteninterviews mit Expert/inn/en der Leistungsträger und Leistungserbringer bzw. ihrer Verbände wurden die Verhandlungen um die Landesrahmenverträge, deren Inhalte und die Effekte der Neuregelungen erhoben. Aus diesen Schritten ergibt sich ein Gesamtbild zur Beantwortung der Forschungsfragen.
Darstellung der Ergebnisse
Die Umsetzung des neuen Leistungsrechts der Eingliederungshilfe in Landesrahmenverträge ist in der Mehrzahl der Länder - und vor allem für die früheren stationären Leistungen - noch nicht abgeschlossen. Soweit bisher sichtbar unterscheiden sich die Art der Modularisierung der Fachleistungen und die Vergleichsregionen für den externen Vergleich deutlich zwischen den Bundesländern. Zum Zeitpunkt der Berichtslegung konnten noch keine validen Aussagen zu den Effekten des externen Vergleichs auf die Finanzierung der Fachleistungen getroffen werden, weil das neue Leistungsrecht im Übergangszeitraum bis 2022 erst nach und nach Anwendung findet. Es deutete sich eine Tendenz an, dass bisher nicht tariflich gebundene Leistungserbringer wegen der Regeln zum externen Vergleich ein Interesse an Tarifbindung zeigen. Zur Modularisierung der Fachleistungen setzen die Länder verschiedene Modelle der Pauschalierung oder Flexibilisierung ein, deren Effekte auf die Beschäftigungsbedingungen ebenfalls noch nicht absehbar sind. Auch bestehen noch Unklarheiten bei der Anwendung der neuen Gesamtplanung und der Abgrenzung zwischen Leistungen der Pflege und der EGH. Es besteht weiterer Forschungsbedarf.