Forschungsprojekt: Ein Blick zurück auf die Digitalisierung der Arbeitswelt

Der Beitrag der Arbeitnehmer in der Metall- und Elektroindustrie zu ihrer Gestaltung

Projektziel

Digitalisierung ist keine neue Herausforderung, sondern hat eine sieben Jahrzehnte umfassende Geschichte. Das Projekt beschäftigt sich mit dieser langen Entwicklungslinie des Einsatzes von Computern in der Arbeitswelt. Es konzentriert sich dabei auf die Akteure, die diesen Prozess gestaltet haben und zwar einerseits in den Betrieben der Metallindustrie und andererseits von Seiten der IG Metall.

Projektbeschreibung

Kontext

Mit der Ausbreitung des Computers für Wirtschaftszwecke begann der Prozess einer nachhaltigen Umgestaltung der Arbeitswelt zuerst im transatlantischen Raum, dann im gesamten Westen und schließlich auf der ganzen Welt. Die Gewerkschaften haben diesen Prozess weltweit mitgestaltet und zwar von den Anfängen in den 1950er Jahren bis heute. Sie verfügen insofern prinzipiell über viele Jahrzehnte umfassende Erfahrungen des Umgangs mit der Digitalisierung und zwar in praktischer wie theoretischer Hinsicht. Obwohl viele Aspekte der computergetriebenen Automation in vielen Bereichen des Wirtschaftslebens nichts von ihrer Aktualität verloren haben, sind die vergangenen Auseinandersetzungen den gegenwärtig Handelnden jedoch oftmals nicht (mehr) bekannt und müssen aus den überlieferten Quellen rekonstruiert werden. Das Projekt hat dieses Ziel verfolgt und für die deutsche Metallindustrie und für das Handeln des DGB und der IG Metall umfangreiche Quellenbestände zusammengetragen und ausgewertet.

Fragestellung

Die zentrale Fragestellung des Projekts bezieht sich einerseits auf die Folgen des Eindringens der Computer in zentrale Produktions- und Verwaltungsabläufe, und andererseits auf die Reaktionen der Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen in diesem Prozess. Über die Folgen, die der Einzug von Computern in die damaligen Betriebe mit sich brachte, stellten sich eine Reihe von weiteren Fragen: 1. Was waren die Inhalte des öffentlichen Diskurses über Digitalisierung in den frühen Jahrzehnten und finden sich darin Parallelen zur heutigen Diskussion um Künstliche Intelligenz? 2. Welche Visionen und Ängste bestanden damals in Bezug auf die Umstrukturierung der zunehmend von Computeranwendungen geprägten Arbeitsabläufe? 3. Welche Rolle spielte damals die Expertise von Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern, Informatikern oder Ingenieure? 4. Welche Forderungen haben IG Metall und der DGB in Bezug auf die Transformation der Arbeit erhoben und warum waren sie damit so erfolgreich?

Untersuchungsmethoden

Die Untersuchung erfolgte auf drei Ebenen. Auf der Mikroebene wurden in Fallstudien zu verschiedenen Betrieben die konkreten Probleme in den verschiedenen Wellen der Digitalisierung benannt. Neben der archivalischen Überlieferung in den Unternehmen und der IG Metall wurde für die Zeit ab den 1980er Jahren die Untersuchung durch Befragungen von Zeitzeugen ergänzt. Das betraf neben den betrieblichen Akteuren vor allem hauptamtliche Akteure in den Vorstandsabteilungen. Diese hatten sich mit den Problemen in ihren Betrieben auseinandergesetzt, technologisches Wissen angeeignet und die gesellschaftlichen Auswirkungen reflektiert. Auf der Makroebene wurde zur Untersuchung des Eingreifens der Gewerkschaft in den gesamtgesellschaftlichen Diskurs zur Digitalisierung neben der Gewerkschaftsüberlieferung die öffentlichen Auseinandersetzungen in Form von Pressemitteilungen, Zeitungsberichten und Publikationen in den Blick genommen.

Darstellung der Ergebnisse

Die IG Metall hat sich seit Beginn der Digitalisierung intensiv an der öffentlichen Auseinandersetzung beteiligt. Sie sah die Chancen der damaligen Digitalisierung, aber auch großen Gestaltungsbedarf der Folgen. Als fruchtbar erwies sich diesbezüglich die Verbindung mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Sie trugen erheblich zum Verständnis des sich vollziehenden Strukturwandels bei. Darauf basierten erfolgreiche Interventionen der IG Metall zur Gestaltung der Rahmenbedingungen, unter denen sich damalige Transformation der Arbeit vollzog: Die Verkürzung der Arbeitszeit von einer 48 Stundenwoche zu einer 40 Stundenwoche an nur noch 5 Tagen. So konnten die Beschäftigten in der Metallindustrie an der Effizienzsteigerung der Produktion beteiligt werden. Ergänzend dazu konnte 10 Jahre später das „Rationalisierungsschutzabkommen“ abgeschlossen werden, damit die Lasten des technologischen Wandels nicht zu Lasten des wirtschaftlichen und sozialen Besitzstandes der Beschäftigten gehen.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Prof. Dr. Andreas Fahrmeir
Johann-Wolfgang-Goethe Universität Historisches Seminar
Fachbereich 8

Prof. Dr. Ralf Roth
Johann-Wolfgang-Goethe Universität FB 8 Philosophie und Geisteswissenschaften
Historisches Seminar

Kontakt

Dr. Michaela Kuhnhenne
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung