Projektbeschreibung
Kontext
Neben der zunehmenden Ausdifferenzierung von Arbeitszeiten und Löhnen steht vor allem die wachsende Flexibilisierung der Unternehmen in Form atypischer Beschäftigung im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Ebenso stark diskutiert sind Phänomene wie die "neue Selbständigkeit", die Subjektivierung der Arbeitsinhalte und eine (mögliche) Entgrenzung der Arbeit.
Diese Veränderungen betreffen jedoch nicht alle Beschäftigtengruppen und Unternehmenstypen gleichermaßen und über ihre Mechanismen an der Schnittstelle Betrieb - Beschäftigte ist bislang wenig bekannt. Insbesondere unerforscht ist die Rolle von Unternehmensgründungen in diesem Kontext. Diesen wird eine bedeutende gesamtwirtschaftliche Rolle zugeschrieben und sie unterscheiden sich von etablierten Firmen auf vielfältige Weise. Es ist davon auszugehen, dass in jungen Unternehmen der Wandel der Erwerbsarbeit eine besondere Rolle spielt und dass sie eine spezielle Bedeutung für die Veränderung von Arbeit und Arbeitsformen haben.
Fragestellung
In diesem Forschungsvorhaben wurde untersucht,
- ob und wie sich die Erwerbsarbeit in neu gegründeten Unternehmen von derjenigen in etablierten Unternehmen unterscheidet,
- welchen Beitrag junge Unternehmen zum Wandel der Erwerbsarbeit leisten bzw. welche Rolle neue Formen der Erwerbsarbeit gerade in jungen Unternehmen spielen und
- welche Gestaltungsspielräume und -grenzen an dieser Schnittstelle zwischen neuen Unternehmen und neuen Formen der Erwerbsarbeit für politische Akteure bestehen.
Neben der Analyse der Nutzung atypischer Beschäftigungsverhältnisse, Überstunden und Vertrauensarbeitszeit durch neugegründete Unternehmen wurde auch der Frage nachgegangen, welche besonderen Merkmale eine Tätigkeit in einem neuen Unternehmen aus der Sicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat. Das Projekt verband dabei bestehende Erkenntnisse aus der Arbeitsmarktforschung, der Gründungsforschung und der sozialwissenschaftlichen Arbeitsforschung.
Untersuchungsmethoden
Das Projekt beruhte einerseits auf der Analyse repräsentativer betriebsbezogener Datensätze des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung - dem Betriebs-Historik-Panel und dem IAB-Betriebspanel, die differenzierte Analysen zu verschiedenen Aspekten des Wandels der Erwerbsarbeit erlauben.
Fragen mit eher qualitativem Charakter, die mit vorhandenen Daten nicht abgebildet werden können, wurden in Unternehmensfallstudien vertieft. Dazu gehören beispielsweise die Relevanz eigenverantwortlichen Arbeitens, die Zusammenarbeit in Teams oder die Organisation von Arbeitszeiten. In vier ausgewählten Sektoren (Maschinenbau, Biotechnologie, Werbung und ambulante Pflege) wurden junge und etablierte Betrieben auf der Basis leitfadengestützter Interviews sowohl mit Arbeitgeber(innen) als auch Arbeitnehmer(innen) untersucht.
Darstellung der Ergebnisse
Eigenverantwortliches Arbeiten spielt in jungen Unternehmen eine große Rolle. Hierfür sind neben Branchenbedingungen und Art der Geschäftstätigkeit (z.B. Produkte, Innovationsgrad) die in jungen Unternehmen wenig entwickelten Strukturen und Routinen von Bedeutung.
Während junge Unternehmen häufiger auf befristete Arbeitsverhältnisse und freie Mitarbeit zurückgreifen, ist dies bei geringfügiger Beschäftigung, Teilzeit und Leiharbeit nicht der Fall. Gleichzeitig werden in jungen Unternehmen häufiger Überstunden geleistet und Vertrauensarbeitszeit ist ein wichtiges Gestaltungselement. Ein Grund dafür ist, dass junge Unternehmen spezifische Problemlagen haben, die in etablierten Firmen nicht mehr von zentraler Bedeutung sind (z.B. Aufbau stabiler Vertriebswege).
Insgesamt zeichnen die Analysen ein gemischtes Bild von der Rolle junger Unternehmen für den Wandel der Erwerbsarbeit, bei dem neben dem Unternehmensalter auch branchenspezifische Rahmenbedingungen und Unternehmensmerkmale wie das Innovationsverhalten sowie das Gründungs- und Führungsteam bedeutende Rollen spielen.