Projektbeschreibung
Kontext
Im Optionsmodell sind 69 Kommunen alleinige Trägerin der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ansonsten besteht eine gesplittete Trägerschaft zwischen Bundesagentur für Arbeit und Kommune. In den Arbeitsgemeinschaften (ARGE) arbeiten Beschäftigte aus unterschiedlichen Unternehmenskulturen zusammen. Nicht nur ihre Aufgaben, sondern auch ihre Arbeitshaltungen und -weisen unterscheiden sich. Darüber hinaus werden die Beschäftigten nach unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Konzepten in der neuen Organisation beschäftigt. Die Implementation ist folglich eine Personalratsaufgabe. Auch im Optionsmodell ist der Organisationswandel aber einschneidend und der Aufgaben- und Kompetenzzuschnitt der Beschäftigten verändert sich. In den optierenden Kommunen sind die Personalvertretungen ebenfalls gefordert, die veränderten Arbeitsbedingungen neu zu gestalten. Hartz IV ist in beiden Modellen somit auch ein Mitbestimmungsproblem.
Fragestellung
Das arbeitspolitische Klima, unter dem Hartz IV eingeführt wird, kennzeichnet Folgendes:
- Personalpolitische Umsetzungsentscheidungen gehören zwangsläufig zur Bildung von Arbeitsgemeinschaften, die sich aus Beschäftigten der Arbeitsagenturen und der Kommune zusammmensetzen. Offene Fragen betreffen ihren Status, ihre Entlohnung sowie die Verteilung ihrer Entscheidungskompetenzen. In den Optionskommunen wird ebenfalls Personal umgesetzt und ggf. neu angeworben, um die zusätzlichen Verwaltungsaufgaben zu bewältigen.
- Hinzu kommen personalpolitische Umschichtungen zur Erhöhung der Betreuungsdichte (Fallmanagement) und der Zahlbarmachung (von ALG II) sowie personalpolitische Qualifizierungsmaßnahmen.
Diese Strukturen werden im Rahmen lokaler Organisations- und Personalentwicklungsprozesse festgelegt. Daher ist zu prüfen, welchen neuen Arbeitsbedingungen sich die Beschäftigten stellen und wie die Interessenvertretungen diesen Prozess in der Praxis mitgestalten.
Untersuchungsmethoden
Die explorative Pilotstudie wurde in zwei Kommunen durchgeführt: der Stadt Bielefeld mit dem Modell einer Arbeitsgemeinschaft und der Stadt Mülheim als Optionskommune. In beiden Fallstudien kamen Führungskräfte, Personalräte, Gleichstellungsbeauftragte und Beschäftigte in Expertengesprächen und Gruppendiskussionen zu Wort. Sie leisteten eine Bestandsaufnahme der organisationspolitischen Problemfelder, der Folgen für die Beschäftigten und der interessenvertretungspolitischen Anforderungen in beiden Modellen.
Eine flankierende Literatur-, Dokumenten- und Internetrecherche sichtete neuere wissenschaftliche Studien zur Arbeitsmarktreform sowie die Bewertungen zu den unterschiedlichen Organisationsmodellen durch betroffene Interessenvertretungen, Gewerkschaften, Bundesagentur für Arbeit und Kommunalverbände.
Darstellung der Ergebnisse
Die Organisation der beiden unterschiedlichen arbeitsmarktpolitischen Institutionen gleicht gegenwärtig mehr einem Krisenmanagement:
- Im ARGE Modell hat der Akteursstatus der Kommunen und der von ihnen entsandten Beschäftigten äußerst unscharfe Konturen und Machtkämpfe beeinträchtigenden den Arbeitsauftrag.
- Diesem Dilemma entgeht die Optionskommune zwar durch den Startvorteil, dass auf eine gefestigtere Verwaltungskultur zurückgegriffen wird. Trotzdem müssen in kurzer Zeit neue ablauforganisatorische Regeln entwickelt und hohe Fallzahlen bewältigt werden.
Fernerhin zeigt sich:
- Die Beschäftigten stehen unter enormen Arbeitsdruck, auch angesichts eines Fallmanagements, das nicht adäquat durchzuführen ist.
- Neue Aufgaben und Positionen führen zu einem Stellenbewertungspoker und Tarifwirrwarr (in der ARGE).
- Ein hinreichender beteilungsorientierter OE-Prozess kommt nicht zustande, die Personalräte werden verspätet einbezogen und neue Mitbestimmungslücken entstehen.