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Maxi Leuchters zum Lieferkettengesetz Service aktuell

Globalisierung: Gerechte Lieferketten brauchen Mitbestimmung

In der Praxis sind es oft die Betriebsräte, die am besten wissen, wo hingeschaut werden muss. Von Maxi Leuchters

[22.02.2021]

Die Corona-Krise hat gezeigt: In einer globalisierten Welt sind Lieferketten lang, und damit auch anfällig für Störungen. Doch während eine Unterbrechung der Warenströme sofort auffällt und schwere wirtschaftliche Konsequenzen für Betriebe haben kann, wird eine andere Nebenwirkung der Globalisierung in Kauf genommen: Zu oft wird weggeschaut, wenn ArbeitnehmerInnen ausgebeutet werden, Mitbestimmungsrechte umgangen und die Umwelt zerstört wird.

Wer dies inakzeptabel findet, darf sich schon lange nicht mehr nur Produktionsbedingungen bei uns anschauen, sondern muss einen Blick über den europäischen Tellerrand hinauswagen. Doch das geschieht in der Praxis noch viel zu selten, wie eine Studie der Bundesregierung gezeigt hat.

Um Unternehmen verpflichtend in die Verantwortung zu nehmen, haben Gewerkschaften lange ein „Lieferkettengesetz“ gefordert. Mit Erfolg: Die Bundesregierung hat sich nun auf ein solches Gesetz geeinigt. Allerdings ist nur eine sehr abgeschwächte Version dabei herausgekommen – dies kann daher nur ein erster Schritt sein. So wird es zunächst nur für Unternehmen ab 3.000 Beschäftigten gelten und eine zivilrechtliche Haftung soll, anders als etwa im französischen Gesetz „loi de vigilance“, pauschal ausgeschlossen werden. Umso wichtiger ist ein europäischer Impuls in diesem Bereich. Ein Richtlinienvorschlag wurde bereits im letzten Jahr von EU-Justiz-Kommissar Didier Reynders angekündigt.

Und noch etwas muss klar sein, egal auf welcher politischen Ebene: Ohne Mitbestimmung geht nichts. Denn in der Praxis sind es oft die ArbeitnehmerInnen und ihre VertreterInnen in den Betriebs- und Aufsichtsräten, die am besten wissen, wo hingeschaut werden muss. So haben Europäische Betriebsräte bereits Erfahrung in der internationalen Zusammenarbeit über europäische Grenzen hinaus. Internationale Rahmenabkommen, die zwischen Unternehmensleitungen und Gewerkschaften auf globaler Ebene getroffen werden, schaffen mehr Verbindlichkeit dafür, dass in allen Niederlassungen Menschen-, Arbeits- und Gewerkschaftsrechte Realität sind oder werden. Neben der Einbeziehung von betrieblichen Mitbestimmungsakteuren in den Prozess muss auch die Einhaltung und der Schutz von Mitbestimmungsstrukturen auf betrieblicher und unternehmerischer Ebene entlang der Lieferkette Teil einer rechtlichen Initiative sein.

Die Gesetzesinitiative auf europäischer und nationaler Ebene, die Notwendigkeit der Einbeziehung der ArbeitnehmerInnen sowie der Europäischen Betriebsräte diskutieren wir auch kommende Woche bei „Besser geht’s mitbestimmt“. In der gemeinsamen Online-Veranstaltung mit der IG BCE wird unter anderem Bernd Lange zu Gast sein, der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament. Wir freuen uns auf eine konstruktive Debatte!

Maxi Leuchters leitet das Referat Unternehmensrecht und Corporate Governance des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung.

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