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Preisträgerin des Maria-Weber-Grants 2018: Julia Trinkert Stipendien

Preisträger*innen 2018: Julia Trinkert: Kunst als Mittel zum gesellschaftlichen Aufstieg

„Ich finde die Verbindung von Kunst und sozialer Interaktion zum Zweck des gesellschaftlichen Aufstiegs sehr faszinierend.“

Wer als Neuankömmling in einer Gesellschaft aufsteigen will, muss die ungeschriebenen Regeln kennen. Muss wissen, wer als Vorbild taugt und was akzeptierte Statussymbole sind. Das gilt nicht nur heute,  sondern war auch vor 300  oder 400 Jahren schon so – davon ist Dr. Julia Trinkert überzeugt. „Ich finde die Verbindung von Kunst und sozialer Interaktion zum Zweck des gesellschaftlichen Aufstiegs sehr faszinierend“, sagt die  Kunsthistorikerin. In ihrem Habilitationsprojekt untersucht sie diese  Verbindung am Beispiel von vier frühneuzeitlichen Akteurinnen und  Akteuren, die als Halbprominente „aus der zweiten Reihe“, wie Trinkert es nennt, in den Norden  kamen und sich hier auf unterschiedliche Weise mit dem Mittel der Kunst zu etablieren versuchten.

Die Wissenschaftlerin, 1983 in Viersen am  Niederrhein geboren, hat in Kiel, Oslo und Kristiansand studiert, nahm an Tagungen im Baltikum und Skandinavien teil, reiste zu Forschungszwecken nach   Gotland, durch Mecklenburg und Sønderjylland. Ihre Doktorarbeit – ausgezeichnet mit dem Dissertationspreis 2012 der Philosophischen Fakultät der Universität Kiel – schrieb sie über Flügelretabel (Altaraufsätze) in Mecklenburg. Seit 2015 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zwar wieder in die alte Heimat zurückgekehrt, doch in ihrer Arbeit hält sie dem Norden weiter die Treue.

„Meine Forschung lenkt die Aufmerksamkeit aufvermeintlich unbedeutende Akteure, die aber letztendlich großen Einfluss auf die kulturelle Entwicklung hatten“, sagt Trinkert. Erhart Altdorfer, Bruder des bekannten Malers Albrecht Altdorfer aus Regensburg, ging im frühen 16. Jahrhundert als Hofkünstler an den Schweriner Hof. Herzogin Anna von Mecklenburg Kurland baute an der Schwelle zum 17. Jahrhundert den ersten protestantischen  Renaissance-Fürstenhof im Herzogtum Kurland und Semgallen im heutigen Lettland auf. Johann Caspar Hindersin wurde um 1700 Hausarchitekt der Familie Dohna in Ostpreußen. Und Heinrich Carl Schimmelmann stieg im 18. Jahrhundert vom Dresdner Kaufmann zum Finanzminister des dänischen Königs auf. „Alle nutzten ihre Stellung als  Neuankömmlinge, um sich auf eine bestimmte Weise in einer selbst  gewählten Umgebung darzustellen“, erklärt die Kunsthistorikerin. Wie sie dabei vorgingen, welche Strategien und Vorbilder sie wählten, ob sie sich an einen Kanon hielten oder vielmehr Innovationen anstießen, wie erfolgreich sie schließlich waren: Das will Julia Trinkert erforschen. Und sie ist sicher: Das Ergebnis wird uns auch für die Gegenwart etwas sagen.

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