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Symbolbild Hand mit Gießkanne, die Geld ausschüttet Magazin Mitbestimmung

Altersvorsorge: Zehntausende Euro mehr im Alter

Ausgabe 02/2025

Von einer Stabilisierung des Rentenniveaus würden alle Generationen profitieren. Das zeigt eine aktuelle Studie des IMK. Von Marius Ochs

Weil die Ampelregierung gescheitert ist, endet am 1. Juli das zugesagte Mindestniveau der Rente. Bisher sichert der Bund einem „Standardrentner“, der 45 Jahre durchschnittlich verdient hat, eine Rente von 48 Prozent des aktuellen Durchschnittsverdienstes zu. Das Rentenpaket II der Ampelregierung hätte die Haltelinie bis 2040 verlängert und so die Rente langfristig stabilisiert, damit sie nicht unter die 48 Prozent fällt.

Doch mit der Ampel ist im Dezember 2024 auch die Rentenreform gescheitert. Der bisherige Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will sich trotzdem „weiterhin dafür einsetzen, das Rentenniveau zu sichern, damit die Renten ab 2025 im Vergleich zu den Arbeitseinkommen nicht sinken“. Eine Rentenreform ist auch mit der neuen schwarz-roten Regierung wahrscheinlich. Man darf gespannt sein auf den Koalitionsvertrag.

Das Rentenpaket II wäre eine gute Grundlage für eine Rentenreform, argumentiert ein Forscherteam des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben mit einem neuen Modell berechnet, wem das Rentenpaket II geholfen hätte. Ihr Ergebnis: Vom verlängerten Mindestrentenniveau würde bis zum Ende der Simulationsrechnung jede Generation einschließlich des Geburtsjahrgangs 2010 profitieren.

Das IMK widerspricht damit populären Argumenten gegen das Rentenpaket. So warnt die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) vor einer übermäßigen Belastung junger Jahrgänge durch das Rentenpaket II. Zwar argumentiert die BDA zutreffend, dass jüngere Menschen aufgrund der steigenden Lebenserwartung höhere Rentenbeiträge zahlen müssen, wenn das Rentenniveau stabil bleiben soll. Allerdings ignoriert sie die höhere Lebenserwartung bei der Auszahlung. Wer länger lebt, erhält auch mehr Rente. „Viele junge Menschen denken, sie würden ihr Leben lang einzahlen, und am Ende käme nichts dabei heraus“, sagt Sebastian Dullien, Co-Autor der Studie und Wissenschaftlicher Direktor des IMK. Eine Vorstellung, die das IMK mit seinen Berechnungen geraderückt.

Die Forscher haben die Beiträge für die Rentenversicherung nicht nur als Abzug vom Einkommen betrachtet, sondern als Investition. Wie bei einer Anlage etwa in Aktien erwirtschaftet auch die Rente eine Rendite – und die wäre durch das Rentenpaket II gestiegen. Für Männer läge sie je nach Geburtsjahr bei 3,2 bis 3,7 Prozent und bei Frauen, wegen der höheren Lebenserwartung, bei 4,1 Prozent.

Ohne das Rentenpaket ist diese Rendite prozentual zwar nur leicht niedriger, real hätten langlebige Rentner dann aber Zehntausende Euro weniger. Auch jüngere Generationen, so das IMK, würden auf diese Weise langfristig von den höheren Beiträgen profitieren. Nach Berechnungen des Handelsblatts auf Basis der IMK-Simulation hätte ein 1970 geborener Mann dank Rentenpaket II fast 17.000 Euro mehr Rente zur Verfügung, eine 2010 geborene Frau sogar 35.000 Euro. Sebastian Dullien bringt es auf den Punkt: „Wir erhöhen jetzt die Beiträge ein wenig, aber wir können damit das Rentenniveau auf Dauer erhöhen – und davon profitieren alle, die heute leben.“

Einige Kritikpunkte am Rentenpaket II bejaht auch das IMK. Auch mit einem Niveau von 48 Prozent des Durchschnittslohns kann die Rente den bisherigen Lebensstandard allein nicht sichern. Betriebliche Altersversorgung leistet oft einen Beitrag – allerdings haben in Deutschland längst nicht alle Beschäftigten Zugang dazu. Für viele bleibt also eine Lücke.

In der Diskussion sind auch die Steuerzuschüsse des Bundes an die Rentenversicherungen. 2023 machten sie bereits rund ein Viertel des Bundeshaushalts aus. Sowohl mit als auch ohne Rentenreform dürften diese Zahlungen in den kommenden Jahren weiter ansteigen.

Das IMK warnt auch hier vor Panikmache. Die Wissenschaftler setzen den Zuschuss ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Mit dem Rentenpaket II wäre dieses Verhältnis zwischen 2020 und 2035 von 2,2 auf 2,4 Prozent des BIP gestiegen, heißt es in der Studie. Das sei immer noch deutlich unter dem Wert des Jahres 2003 mit 2,8 Prozent des BIP. Insgesamt seien sowohl die höheren Beiträge als auch die steigende Belastung des Bundeshaushalts laut den Berechnungen des IMK verkraftbar.

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