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Magazin Mitbestimmung

Böckler-Forschung: Neue Ordnung der Arbeit

Ausgabe 12/2015

Wo drückt der Schuh, wenn Frauen und Männer gut arbeiten wollen, sie aber auch Kinder erziehen, Angehörige betreuen, sich fortbilden und ein gutes Leben leben wollen? Studien der Hans-Böckler-Stiftung untersuchen neue Möglichkeiten für Beschäftigte, ihr Erwerbsleben selbst zu bestimmen. Von Michaela Namuth

Übergänge Beschäftigungsformen, die nicht dem sogenannten Normalarbeitsverhältnis entsprechen, wurden früher als „atypisch“ bezeichnet. Heute bestimmen sie die Arbeits- und Lebensrealität einer wachsenden Bevölkerungsgruppe. Dies führt in der Biografie zu Brüchen und Übergängen, die oft Prekarität und Rechtsverluste bedeuten. Dabei kann es sich um Kinderbetreuung, Fortbildung oder Altenpflege handeln. An der Absicherung dieser „Scharnierstellen“, die oft Zeiten ohne Erwerbstätigkeit bedeuten, setzt die Studie an, um Regelungsbedarf auf Betriebsebene, bei der Sozialversicherung und im Arbeitsrecht zu identifizieren. Im Zentrum stehen oft weibliche Erwerbsbiografien, denn die Last der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ruht zum größten Teil immer noch auf ihren Schultern der Frauen. 

Eva Kocher/Felix Welti u.a.: Das Recht auf eine selbstbestimmte Erwerbsbiografie. Arbeits- und sozialrechtliche Regulierung für Übergänge im Lebenslauf. Schriften der Hans-Böckler-Stiftung, Band 76. Baden-Baden, Nomos 2013. Broschüre zum Download 

Familienernährerinnen Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass das traditionelle Geschlechtermodell des „männlichen Familienernährers“ an Bedeutung verloren hat. Neue Rollen entstehen zum einen aus Konstellationen, in denen Frauen mehr Karrierechancen und ein höheres Einkommen haben als der Mann, häufiger aber ist die tendenzielle Prekarisierung der männlichen Erwerbsarbeit der wirkliche Grund. Diese Entwicklung kann emanzipatorische Wirkung haben, aufgrund der fortschreitenden Prekarisierung der Arbeit aber auch das Gegenteil bewirken. Viele der interviewten Familienernährerinnen erfahren ihren Lebenslauf als nicht eigenständig plan- und gestaltbar. Sie machen Abstriche im Beruf und bestehen nicht auf ihren Rechten am Arbeitsplatz, aus Angst, diese einzige Einnahmequelle der Familie zu verlieren. Auch die Entwicklung und Förderung der Kinder wird aufgrund der Mehrfachbelastungen, die wenig Zeit lassen, hintangestellt. Viele Frauen vernachlässigen auch die eigene Gesundheit. Fazit der Studie: „Familienernährerinnen weisen im Durchschnitt eine schlechtere Work-Life-Balance auf als die Gesamtheit der erwerbstätigen Frauen in Deutschland.“ 

Christina Klenner/Katrin Menke/Svenja Pfahl: Flexible Familienernährerinnen. Moderne Geschlechterarrangements oder prekäre Konstellationen? Berlin, Verlag Barbara Budrich 2012

Pflegearbeit Welch wichtige Funktion den Betrieben bei der Förderung von selbstbestimmten Erwerbsbiografien zukommt, zeigt auch diese Studie, bei der es ebenfalls um ein neues gesellschaftliches Phänomen geht: Männer, die Angehörige pflegen – mit steigender Tendenz. Die Autoren sehen Handlungsbedarf, denn pflegende Ehemänner und Söhne verhalten sich anders als Frauen: Während diese „häufiger ihre Erwerbstätigkeit nach der Pflegesituation ausrichten, organisieren Männer klar die Pflegetätigkeit um die Erwerbstätigkeit herum“. Mit einer standardisierten Vollzeittätigkeit ist dies oft nicht zu vereinen bzw. führt zu einer kontinuierlichen Überbelastung.

Diana Auth/Daniela Brüker/Mirjam Dierkes/Simone Leiber/Sigrid Leitner/Marina Vukoman: Wenn Mitarbeiter Angehörige pflegen. Betriebliche Wege zum Erfolg. Düsseldorf 2015. 

Arbeitszeitoptionen Für AZOLA befragt das Forschungsteam Beschäftigte, Betriebs- und Personalräte sowie Führungskräfte in sechs Industriebetrieben, Krankenhäusern und Polizeibehörden zur Nutzung von Arbeitszeitoptionen. Ergebnisse liegen im Frühjahr 2016 vor.

Christina Klenner/Yvonne Lott/Svenja Pfahl: AZOLA – Arbeitszeitoptionen im Lebensverlauf. Welche betrieblichen Faktoren beeinflussen ihre Nutzung? Erscheint im Frühjahr 2016

Auswertungen aus dem Archiv Betriebliche Vereinbarungen mit Links zum kostenfreien Download:

Freistellungen zur Pflege und Betreuung. 2015. 

Mobile Endgeräte – Handy, Smartphone, Blackberry und Tablet. 2014. 

Flexible Arbeitszeiten – Kontenmodelle. 2013.  

Mobile Arbeit. 2013. 

Teilzeitarbeit, 2013.

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