Praxistipp: Länger gesund arbeiten
Das Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung der Hans-Böckler-Stiftung (I.M.U.) wertet regelmäßig Betriebs- und Dienstvereinbarungen aus und veröffentlicht Themenmodule zu aktuellen Fragen der Arbeit von Interessenvertretungen. Mit der Reihe „Praxistipp“ stellen wir in jeder Ausgabe Auswertungen oder Veröffentlichungen vor.
Der demografische Wandel zählt zu den größten Herausforderungen in der Arbeitswelt. Deshalb schrauben Teile der Politik weiter kräftig am Renteneintrittsalter. Zugleich aber empfinden viele Beschäftigte ihre Arbeit als belastender als früher. Gründe dafür sind zum Beispiel die anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit und die fortschreitende Digitalisierung. Anhand von zwei betrieblichen Beispielen zeigt das I.M.U., welche Arbeitsbedingungen dazu beitragen, dass Beschäftigte länger gesund arbeiten können.
Beim Hannoveraner Schleifmittelhersteller Vereinigte Schmirgel- und Maschinen-Fabriken (VSM) regelt eine Betriebsvereinbarung, dass die tarifliche Sonderzahlung des Demografiebetrags von 750 Euro in ein Langzeitkonto fließt. Beschäftigte können darüber hinaus zum Beispiel Zeitguthaben, Mehrarbeiten und Mehrarbeitszuschläge sowie bis zu zehn Prozent des kalenderjährlichen Tarifentgelts in das Langzeitkonto einbringen. Sie entscheiden so selbst darüber, welche Ansprüche sie einsetzen wollen, um früher in Rente zu gehen oder möglichst altersgerecht weiterzuarbeiten. Viele nutzen diese Möglichkeiten aus. Wenige bevorzugen hingegen die starre Altersteilzeit.
Zudem setzt VSM auf ein breites Gesundheitsangebot, vermeidet eintönige Tätigkeiten und bietet ergonomisch und sicher gestaltete Arbeitsplätze. So verhindern etwa technische Hebehilfen bei Älteren körperliche Überforderungen und beugen Spätschäden bei Jüngeren vor. Denn klar ist: Wer bereits in frühen Jahren starken Belastungen ausgesetzt ist, hat es später umso schwerer. Hinzu kommt: Fehlen junge Beschäftigte, steigt die Belastung für die Älteren. Für Unternehmen ist es daher wichtig, bedarfsgerecht auszubilden.
Der Chemiekonzern Evonik hat dazu eine Betriebsvereinbarung getroffen. Kernstück sind ein IT-gestütztes Planungstool, das zum Beispiel zeitliche Abläufe regelt und Zuständigkeiten zuweist. Die Planung erfolgt im Hinblick auf die kommenden fünf Jahre. So wird verhindert, dass zu wenige Azubis eingestellt werden. Hinzu kommt eine Übernahmegarantie für Auszubildende, die allerdings aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage teilweise ausgesetzt werden musste. Dennoch: Die Vorgehensweise ermöglicht auch in unsicheren Zeiten eine verlässliche Personalplanung. Zudem macht sie den Arbeitgeber attraktiver und die Zahl der Bewerbungen steigt.
Die gesamten Auswertungen unter: Gesundheitsprogramm: Gezielt, strategisch & langfristig (2025) - Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) in der Hans-Böckler-Stiftung
Weitere Fragen an: betriebsvereinbarung[at]boeckler.de