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Magazin Mitbestimmung

: INTERVIEW "Die Betriebe müssen selbst Verantwortung übernehmen"

Ausgabe 09/2011

Andreas Steppuhn, Vorstandsmitglied der IG BAU, über das schlechte Image des Handwerks und seine Erwartungen an die Arbeitgeber.

Noch immer finden nicht alle Schulabgänger eine Lehrstelle, zugleich berichten viele Handwerksunternehmen von Schwierigkeiten, Stellen zu besetzen. Wie passt das zusammen?
Ich kann in unserer Branche derzeit keinen Fachkräftemangel erkennen. Nur ein Beispiel: Trotz des Wirtschaftsaufschwungs kamen im Herbst 2010 noch immer 3500 arbeitslose Bautechniker auf knapp 800 offene Stellen. Sollte es dennoch Engpässe geben, tragen die Arbeitgeber dafür selbst die Verantwortung. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge pro Jahr ist im Hochbau zwischen 2007 und 2009 von 8000 auf 7000 gesunken, im Ausbau hat sich die Zahl der neuen Lehrstellen von 12000 auf 10000 verringert.

Die Unternehmen klagen über das Niveau der Bewerber. Zu Recht?
Arbeitgeber, die sich früher die besten Lehrlinge aussuchen konnten, müssen heute mehr organisieren als nur die reine Berufsausbildung. Wer gute Fachkräfte will, der muss vieles von dem, was früher in den Schulen geleistet wurde, selbst übernehmen. Da gilt es dann eben auch, zur Not die Nachhilfe zu organisieren. Es reicht nicht, an den Staat zu appellieren. Es geht darum, selbst Verantwortung zu übernehmen. Das Ganze muss von schulischen und sozialpädagogischen Maßnahmen flankiert werden.

Wie muss sich die duale Berufsausbildung verändern?
Strukturveränderungen im Handwerk führen zur Auflösung der Grenzen zwischen den einzelnen Handwerksbranchen und der Industrie, dem Handel und den Dienstleistungsbereichen. Deshalb muss die Berufsausbildung sowohl die fachliche Qualifikation für konkrete berufliche Tätigkeiten schaffen als auch die Grundlagen legen für eine spätere Spezialisierung und sich stärker auf ein breites Spektrum verwandter beruflicher Tätigkeiten ausrichten.

Das soziale Ansehen des Handwerks wird von rund 65 Prozent der Unter 30-Jährigen als niedrig eingestuft. Was muss getan werden?
Um Fachkräfte für das Handwerk zu gewinnen, ist gute Arbeit eine Grundvoraussetzung. Dazu gehören unabdingbar gute Löhne. Wir sehen die schwindende Fähigkeit der Innungen und Innungsverbände zur Tarifbindung daher mit Sorge. Die Imagekampagne des Handwerks begrüßen wir ausdrücklich – jetzt müssen den vielen Worten aber auch Taten folgen.

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