zurück
historische SW-Aufnahme der Familie Hugo Sinzheimer am Strand in Holland Magazin Mitbestimmung

Rätselhaftes Fundstück: Hugo Sinzheimer

Ausgabe 03/2025

Hugo Sinzheimer ist ein Pionier des modernen Arbeitsrechts. Doch das Leben des jüdischen Gelehrten ist eine Geschichte voller Tragik. Auf der Flucht vor den Nazis überlebt er den Krieg knapp im niederländischen Exil. Völlig entkräftet stirbt er noch 1945. Von Guntram Doelfs

Es sind kurze, trügerische Momente des privaten Glücks: Gemeinsam mit seiner Frau Paula Sinzheimer-Selig und seiner ältesten Tochter Gertrud schlendert Hugo Sinzheimer über einen Strand an der niederländischen Nordseeküste. Datum und Ort sind nicht überliefert, aber wahrscheinlich stammt das Foto vom Spätsommer 1933 oder 1934. Nur kurz zuvor ist es Sinzheimer gelungen, vor den Nazis in die Niederlande zu fliehen.

Sinzheimers Flucht ist der vorläufige Höhepunkt der Verfolgung und Drangsalierung, aber noch lange nicht das Ende. Denn Sinzheimer ist in den Augen der Nazis gleich mehrfach ein Feind: Er ist Sozialdemokrat, ein gewerkschaftsnaher Arbeitsrechtler, und er ist Jude. Nach der Machtübernahme wird Sinzheimer im März 1933 für rund eine Woche verhaftet, kommt aber zunächst wieder frei. Das nutzt er sofort, um sein Heimatland zu verlassen.

In Amsterdam kommt ihm mit George van den Bergh ein alter Freund zu Hilfe. Er sorgt dafür, dass der Emigrant im Oktober 1933 an der Amsterdamer Universität eine Professur für Rechtssoziologie erhält. Finanziert wird die Stelle über eine Stiftung, die von der holländischen Gewerkschaft NVV und dem Unilever-Konzern getragen wird; van den Bergh ist der Sohn eines der Gründer des Konzerns.

Bis zum deutschen Einmarsch in die Niederlande im Mai 1940 kann sich der berühmte Rechtsgelehrte so über Wasser halten. Doch mit der Besatzung kommt der Schrecken zurück. Im August 1940 scheitert Sinzheimers Flucht nach England. Er wird festgenommen, in Kleve inhaftiert und kommt nur frei, weil seine Frau die deutschen Behörden erfolgreich mit Freilassungsappellen überzieht.

Es ist ein Leben in ständiger Angst und Verunsicherung. Im August 1942 erwischt es Sinzheimer und seine Frau dennoch. Beide werden verhaftet und sollen in ein KZ deportiert werden. Nur ein kleines Entgegenkommen der Nazis gegenüber dem Jewish Council rettet beiden das Leben. Der Council darf 20 Personen von der Deportationsliste streichen – das Ehepaar Sinzheimer gehört dazu. Bis zum Kriegsende werden sich beide verstecken. Hugo Sinzheimer erlebt noch das Kriegsende im Mai 1945, doch er ist unterernährt und völlig entkräftet. Nur einen Tag, bevor er eine Siegesrede an der Universität Amsterdam halten soll, stirbt er am 16. September 1945 in Bloemendaal bei Harlem.


Rätselfragen

  1. In welchem Jahr berief die Universität in Frankfurt am Main Hugo Sinzheimer zum ersten Professor für Arbeitsrecht in Deutschland?
  2. In einer Rede vor der Weimarer Nationalversammlung 1919 skizzierte Sinzheimer die Verantwortung des  Kapitals zur Wahrung des sozialen Ausgleichs. Sein Postulat der Sozialbindung des Kapitals floss ins Grundgesetz ein. Oft werden die zwei Sätze auf zwei Worte verkürzt. Wie lauten sie?
  3. In welcher deutschen Großstadt war Sinzheimer während der Novemberrevolution 1918/19 kurz Polizeipräsident?

Alle richtigen Einsendungen, die bis zum 20. Juli 2025 bei uns eingehen, nehmen an einer Auslosung teil.

Preise

1. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 100 Euro
2.– 4. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 50 Euro

Schicken Sie uns die Lösung:

Per Post an:
Hans-Böckler-Stiftung
Redaktion Mitbestimmung
Georg-Glock-Straße 18
40474 Düsseldorf

oder per E-Mail an:
redaktion[at]boeckler.de

Auflösung der Rätselfragen 2/2025

  • Hans Gehrling
  • Dietmar Schönherr
  • 100.000 Euro

Zugehörige Themen