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Magazin Mitbestimmung

Interview: "Gute Bilder finden"

Ausgabe 11/2014

Michael Rasch, Geschäftsführer der Agentur Praxis für Öffentlichkeitsarbeit, über Selbstvertrauen und die Schere im Kopf. Die Fragen stellte Andreas Kraft

Herr Rasch, Sie beraten seit mehr als 20 Jahren Betriebsräte großer unternehmen wie vw oder Airbus. Was zeichnet eine gute Öffentlichkeitsarbeit von Arbeitnehmervertretern aus? 

Es fängt mit dem Selbstvertrauen an. Betriebsräte tun sich oft schwer, sich selbst vor anderen zu loben. Sie fürchten, die Kollegen könnten sie dann komisch anschauen. Es fällt ihnen daher auch schwer, zu vermitteln, was sie erreicht haben.

Was kann man dagegen tun? 

Die Arbeitnehmervertreter müssen sich ja nicht zwangsläufig selbst loben. Sie können etwa in einem Video oder auf einem Aushang die Kollegen sprechen lassen. Dann können die Betriebsräte einfach darauf antworten und sagen: Das haben wir doch gerne gemacht.

Und welche Fehler machen Betriebsräte bei der Formulierung ihrer Flugblätter? 

Sie schreiben oft Funktionärstexte. In einem Faltblatt wollen sie alles sagen und machen dafür zehn Punkte. Dabei reichen drei Punkte vollkommen aus. Besser wäre sogar einer. Wer mehr wissen will, wird nachfragen, und schon ist man im Gespräch mit den Kollegen. Grundsätzlich muss man eine gute Öffentlichkeitsarbeit immer von der Zielgruppe her denken.

Was heißt das konkret? 

Betriebsvereinbarungen sind oft in einer juristischen, abstrakten Sprache abgefasst. Bei einer Vereinbarung zu mehr Arbeitszeitflexibilität hängen dann 27 Seiten am Schwarzen Brett. Ein gutes Marketing hingegen übersetzt die Leistungen in einen konkreten Nutzen. Dazu fragt man einen Kollegen, was ihm die Vereinbarung bringt. Er antwortet dann etwa, dass er jetzt endlich mit seinem Enkel auch mal Eis essen gehen kann. Und schon habe ich ein Bild, mit dem jeder etwas anfangen kann.

Was macht ein gutes Bild aus? 

Es muss anschaulich sein und hängen bleiben. Bei einer Lohnerhöhung beispielsweise hält das Wissen, dass man jetzt drei Prozent mehr bekommt, oft nur 30 Tage. Deshalb ist es wichtig, zu zeigen, was die Beschäftigten mit dem Geld machen. Etwa in Urlaub fahren. Man muss auch fragen, wohin. Und kann dann schreiben: Mit dem Fahrrad in die Dolomiten. Das bleibt hängen.

Was sind die großen Hindernisse bei einer guten Öffentlichkeitsarbeit für Betriebsräte? 

Ein ganz konkretes Problem ist die Zeit. Betriebsräte sind hoch belastet, sie sitzen im Wirtschaftsausschuss oder im Gleichstellungsausschuss. Das haben sie in den Seminaren zum Betriebsverfassungsgesetz gelernt. Was sie nicht gelernt haben, ist, sich zu präsentieren. Dazu reicht meist die die Zeit nicht. Und wenn sie Erfolge formulieren sollen, haben sie schon die Schere im Kopf: Was sagt wohl der Arbeitgeber dazu? Dabei hat der sie nicht gewählt, verpflichtet sind sie nur den Beschäftigten.

Was könnten Betriebsräte grundlegend ändern? 

Oft kommen sie nur dazu, Rechenschaftsberichte abzuliefern. Für eine gute Öffentlichkeitsarbeit in die Belegschaft hinein ist das fatal. Sie wirken so oft als Bremser. Sie sollten mehr versuchen, selbst etwas zu gestalten, und dann sagen: Das haben wir vor. Wer agiert und nicht nur reagiert, kann damit viel für sein Image tun. Und nimmt die Beschäftigten mit bei der Gestaltung der Zukunft.

MEHR INFORMATIONEN

 Die Webseite http://www.gopraxisgo.deder Agentur Praxis für Öffentlichkeitsarbeit

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