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Magazin Mitbestimmung

: Editorial

Ausgabe 04/2004

Taktvoll mit Pauken und Trompeten

Von Margarete Hasel
Margarete-Hasel@boeckler.de 


Das Bild vom Dirigenten mit dem Taktstock als Metapher für Führung drängt sich geradezu auf und ist inzwischen auch schon ziemlich strapaziert. Als Illustration unseres Titelthemas "Die Kunst der Führung" kommt es deshalb nicht in Frage, das war klar. Und jetzt ist es doch passiert - aus gutem Grund: Unser Bild zeigt Herbert Blomstedt, den Kapellmeister des Leipziger Gewandhauses, bei der Arbeit. Doch auf ihren Einsatz warten nicht die weltberühmten Musiker, sondern rund 80 Führungskräfte der deutschen Wirtschaft. Einmal im Jahr tauschen sie für ein paar Tage Bilanzen, Personalakten und Computer gegen Geigen, Pauken und Trompeten. Und proben in "The Management Symphony" ein ungewohntes Zusammenspiel streng nach Noten, dem Blomstedt den Takt vorgibt. Die Idee zu diesem bundesweit einzigartigen Orchester hatten zwei musikalische Münchner Unternehmer. Immerhin: Im vorigen Juni stand in Leipzig nichts Geringeres als Beethovens fünfte Sinfonie auf dem Programm der vier Probentage mit anschließender Aufführung. Auch hier kommt Kunst von Können. Und der Reinerlös ging an eine Leipziger Musikschule. Kompliment!

Leider nicht überliefert ist, ob die Teamerfahrung auf den Arbeitsalltag der Hobbymusiker abfärbte, in dem sie gewohnt sind, die erste Geige zu spielen und als Solisten zu glänzen. Zweifel sind angebracht. Wenn man beispielsweise der GLOBE-Studie glauben darf, die Managementkulturen in 62 Ländern vergleicht. "Ausländische Manager mit Erfahrungen in deutschen Betrieben berichten häufig, dass sie den rauen Umgangston und die teilweise als verletzend empfundene Direktheit bei der Kommunikation nicht nachvollziehen können", schreibt der Organisationsund Sozialpsychologe Felix Brodbeck in seinem Beitrag (Seite 10 ff.), in dem er auch weitere überraschende Ergebnisse dieser Studie vorstellt. Was ist los in deutschen Chefinnen- und Chefetagen? Lesen Sie selbst. Schon im Interesse von uns Zuhörern wollen wir unseren Führungskräften freilich keine musikalische Pflichtveranstaltung verordnen. Ein feineres Ohr für Misstöne im eigenen Unternehmen wäre schon genug an Musikalität.

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