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Magazin Mitbestimmung

: Editorial

Ausgabe 03/2006

Hinter den Kulissen


Liebe Leserinnen und Leser,

am 18. März 1976 - 30 Jahre ist das her - stimmt eine überwältigende Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag für einen Mitbestimmungskompromiss. Der war weitgehend hinter den Kulissen ausgehandelt worden - abseits von jenem Spektakel, das auf Arbeitgeber- wie auf Gewerkschaftsseite vor großem Publikum inszeniert wurde.

Für die Gewerkschafter im deutschen Bundestag war es allemal eine delikate Angelegenheit. Hermann Rappe berichtet heute freimütig, wie es bei einem Frühstück mit Otto Graf Lambsdorff dazu kam, dass das Aufsichtsrats-Wahlverfahren letztlich ganz nach dem Geschmack der FDP ausfiel. Lambsdorff wiederum erzählt von höchst schwierigen Verhandlungen im Kanzleramt, nächtelang und über die Wochenenden hinweg.

Und davon, wie Friedhelm Farthmann, ein Kämpfer für die Parität, zu ihm bei einer gemeinsamen Autofahrt sagte: "Wenn das Gesetz so durchkommt, trete ich zurück." Was er dann doch nicht tat, aber abgelehnt hat er den Gesetzentwurf in der SPD-Fraktion. Auch Norbert Blüm, der Anführer des Arbeitnehmerflügels der CDU, kämpfte kompromisslos für die Parität und kritisierte den DGB wegen seiner schlappen Haltung. Warum, erzählt er hier.

Groß war die Bereitschaft, zu dieser Jubiläumsausgabe und zu diesem heute wieder umkämpften Thema - der Mitbestimmung - beizutragen. Jeder, bei dem wir anfragten, sagte spontan ja. Helmut Schmidt hat eigenhändig einen Beitrag geschrieben. Einer der Architekten des Gesetzes von FDP-Seite, Otto Graf Lambsdorff, zögerte nicht, dem Magazin der Hans-Böckler-Stiftung ein Interview zu geben - in Zeiten, in denen das Verhältnis der Gewerkschaften zur FDP nicht das beste ist. Nicht zuletzt haben viele Mitbestimmungsakteure, die tagtäglich in den Aufsichtsräten den Kompromiss abwägen, aushandeln und verantworten müssen, Erfahrungen aus ihrer Mitbestimmungspraxis beigesteuert.

Gerne hätten wir auf den Spuren der Entstehungsgeschichte des Mitbestimmungsgesetzes von 1976 noch weitere Zeitzeugen befragt, doch hätte dies den Rahmen unseres Magazins gesprengt. Bei der Fotosuche haben uns viele Archive weitergeholfen, allen voran möchten wir dem Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung danken.

Ihnen/Euch wünschen wir interessante Einblicke und Erkenntnisse.
Cornelia Girndt, Margarete Hasel
cornelia-girndt@boeckler.de
margarete-hasel@boeckler.de

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