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Praxistipp: Digitaler Wandel kennt keine Landesgrenzen

Ausgabe 02/2024

Das Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung der Hans-Böckler-Stiftung (I.M.U.) wertet regelmäßig Betriebs- und Dienstvereinbarungen aus und zeigt anhand von Beispielen, worauf es ankommt. Mit der Reihe „Praxistipp“ stellen wir in jeder Ausgabe eine Auswertung vor.

Auf länderübergreifender Ebene haben Betriebsräte keine echten Mitbestimmungsrechte. Die Richtlinie der Europäischen Union sieht lediglich die Anhörung und Konsultation der Interessenvertretung vor. Dennoch konnten Euro- und Konzernbetriebsräte bei den Chemieunternehmen Solvay und Unilever sowie dem Reisekonzern TUI europäische oder sogar globale Vereinbarungen abschließen, die den digitalen Wandel für alle Beschäftigten unabhängig vom Standort regeln.

Bei Unilever wollte der Euro-Betriebsrat die sozialen Folgen der Digitalisierung für alle Beschäftigten so weit wie möglich abmildern. Das Ziel: langfristige Beschäftigungssicherheit. Daher setzt das europäische Rahmenabkommen „Future of Work – Barcelona 2.0“ seit 2019 auf Umschulung und Weiterbildung und die Idee des lebenslangen Lernens. Dafür sieht die Vereinbarung vor, ein angemessenes Budget bereitzustellen. Das Abkommen federt nicht nur die Folgen des Wandels ab, es hat auch der Mitbestimmung auf europäischer Ebene einen Schub versetzt. Vor allem Beschäftigte in Ländern mit wenig Mitbestimmungsrechten ermöglicht der Rahmenvertrag mehr Beteiligung.

Auch beim Chemieunternehmen Solvay startete Interessenvertretung auf europäischer Ebene, kam jedoch schnell zu dem Schluss, dass es eine globale Rahmenvereinbarung brauche. Die Digitalisierung verändert die Arbeit weltweit, in Europa hätten aber nur etwa 40 Prozent der Konzernbeschäftigten von dem Abkommen profitiert. Die Einbeziehung von Beschäftigten und ihren Ideen bei Veränderungsprozessen hatte sich schon in früheren Projekten bewährt. Diese Erfahrung half dem Betriebsrat bei den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber. So entstand eine globale Rahmenvereinbarung, die als Drehbuch für Betriebsrat und Management fungiert.

Einen Gleitschirm für die Digitalisierung baute der Konzernbetriebsrat des Reisekonzerns TUI. Die Digitalisierung ist in dem Unternehmen weit vorangeschritten. Standardfragen beantwortet der Algorithmus, die digitale Vernetzung ermöglicht Auslagerungen. Die Entwicklung hatte viele Beschäftigte verunsichert. Daher wollte die Interessenvertretung einen Rahmen schaffen, in dem sie die Entwicklung im Interesse der Beschäftigten lenken kann. Auf Basis von new-Work@TUI entstand schließlich eine Zukunftssicherungsvereinbarung.

Mehr zum Thema:

Alle Fallstudien zum Nachlesen unter: Mitbestimmte digitale Transformation – vom Konzept bis zum globalen Rahmenvertrag. Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung


Weitere Fragen an:
betriebsvereinbarung[at]boeckler.de

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