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: Tarifgestützte Mindestlöhne

Die Diskussion um die Notwendigkeit und denkbare Formen eines Mindestlohns in Deutschland beschäftigt die Gewerkschaften und in Folge auch Wirtschaftswissenschaft und Sozialpolitik schon länger. Die Einschätzungen sind kontrovers - selbst innerhalb der Gewerkschaften. Offensichtlich sind auch die vielfältigen ausländischen Erfahrungen mit unterschiedlichen Absicherungsformen für Mindesteinkommen nicht dazu angetan, die Diskussion zu versachlichen.
Jetzt, da die Auseinandersetzung um einen Mindestlohn und seine denkbare Form die Politik und den Gesetzgeber erreicht hat, rücken auch die damit verbundenen legislativen und verfassungsrechtlichen Probleme stärker in das Blickfeld. Diese treten verschärft auf, wenn nicht ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn geschaffen werden soll, wie es etwa die Gewerkschaft ver.di präferiert, sondern differenzierte tarifgestützte Mindestlöhne, eine Form, die beispielsweise die IG Metall vorschlägt.
Im vorliegenden Band wird im Beitrag von Dr. Claus Schäfer die Diskussion um den Mindestlohn sozialwissenschaftlich und ökonomisch dargestellt. Dabei kommt Schäfer zu dem Ergebnis, dass angesichts der zunehmenden Schwäche der Gewerkschaften gerade in den Branchen, die besonders durch Niedriglöhne gekennzeichnet sind und bei denen sogar das Existenzminimum unterschritten wird, ein gesetzlicher Mindestlohn unverzichtbar sei.
Der anschließende Beitrag von Prof. Dr. Bieback und PD Dr. Eva Kocher setzt sich mit den Rechtsproblemen eines tarifgestützten Mindestlohnes auseinander. Ist es rechtlich praktikabel und auch verfassungsrechtlich unbedenklich, Mindestlöhne aus der Tarifpraxis abzuleiten? Die Ausarbeitungen von Prof. Dr. Thomas Dieterich und Prof. Dr. Peter Hanau fassen eine spezielle Branche in den Blick: die Leiharbeit. Hier ergeben sich besondere Problem daraus, dass Arbeitgeberverbände und DGB-Gewerkschaften Tarifverträge abgeschlossen haben, die einem Unterbietungswettbewerb durch andere, kleinere Verbände ausgesetzt sind. Entstanden ist eine vollkommen uneinheitliche Tariflandschaft mit extrem niedrigen Löhnen. Die DGB-Gewerkschaften und die beiden großen Arbeitgeberverbände der Leiharbeitsbranche erhoffen sich ein Eingreifen des Gesetzgebers durch Einbeziehung der Leiharbeit in das Arbeitnehmerentsendegesetz. Ihr gleich laufendes Interesse findet in diesem Band seinen Niederschlag.

Quelle

Bieback, Karl-Jürgen; Dieterich, Thomas; Hanau, Peter; Kocher, Eva; Schäfer, Claus: Tarifgestützte Mindestlöhne
Schriften der Hans-Böckler-Stiftung, Baden-Baden, ISBN: 978-3-8329-2798-1, 157 Seiten

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