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HBS Böckler Impuls

EU-Sozialranking: Soziales kostet Geld

Ausgabe 17/2006

Das deutsche Sozialsystem schneidet im EU-Vergleich eher schlecht ab - trotz relativ hoher Ausgaben. Die sozial erfolgreichen europäischen Länder geben ähnlich viel Geld aus. Sie tun es aber offenbar effizienter.

30,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts fließen in Deutschland in die soziale Sicherung. Damit liegt die Bundesrepublik im EU-Sozialranking des Forschungsinstituts berlinpolis auf Platz vier - bei den Ausgaben. Die Resultate des deutschen Sozialsystems sind hingegen - gemessen an 35 Kenndaten aus europäischen Statistiken - unterdurchschnittlich, ergibt die von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Kurzstudie der Berliner Experten.

Die Deutschen rangieren zwar in punkto "Einkommensverteilung und soziale Absicherung", einer sozialpolitischen Kerndimension, noch unter den ersten zehn in der EU. Bei Arbeitslosigkeit und Bildungschancen, bei Geschlechtergleichstellung und demografischer Entwicklung landet die Bundesrepublik hingegen im unteren Drittel. Alles in allem setzt berlinpolis Deutschland auf Rang 23 unter den 25 Unionsstaaten. "Die Studie weist somit auch auf große Defizite im Hinblick auf eine nachhaltige Konsolidierung und Modernisierung des deutschen Sozialstaats hin", schreiben die Autoren Jeppe F. Jörgensen und Professor Jochen Schulz zur Wiesch.

Hohe Ausgaben sind also keine Garantie für gute Ergebnisse. Umgekehrt zeigt der EU-Vergleich aber auch: Ein erfolgreiches Sozialsystem kostet Geld. Gleichmäßig gute oder zumindest befriedigende Ergebnisse in allen untersuchten Dimensionen weisen Dänemark, Schweden, die Niederlande und Finnland auf. Die beiden skandinavischen Länder investieren sogar noch einen höheren Anteil ihrer Wirtschaftsleistung ins Soziale als Deutschland, in den Niederlanden ist es nicht viel weniger. Zudem erhalten Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger in allen vier Ländern mindestens genauso viel Unterstützung wie in der Bundesrepublik. Irland hingegen kommt zwar durch brummenden Jobmarkt, gute Bildungschancen und eine relativ hohe Geburtenrate insgesamt auf einen vorderen Platz. Die niedrigen Ausgaben für den Sozialschutz - lediglich 16,5 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt - machen sich allerdings deutlich bemerkbar: Die Einkommensunterschiede und das Armutsrisiko, insbesondere für Senioren, liegen drastisch über dem europäischen Mittel.

  • Deutschland gibt immer noch recht viel Geld für Soziales aus, andere Ländern sind adbei aber effektiver. Zur Grafik

Jeppe F. Jörgensen, Jochen Schulz zur Wiesch: Wie sozial ist Europa? Arbeitspapier Nr. 131 der Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf 2006.

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