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 Rückkehr in Arbeit braucht mehr Unterstützung Böckler Impuls

Erwerbsminderungsrente: Rückkehr in Arbeit braucht mehr Unterstützung

Ausgabe 08/2022

Die Rückkehr aus der Erwerbsminderungsrente in einen Job gelingt nur selten. Bei befristeten Renten kommt dies nicht öfter vor als bei den unbefristeten.

Wer aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft arbeitsunfähig ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Erwerbsminderungsrente erhalten. Seit 2001 gilt dabei der Grundsatz, dass solche Renten befristet zu bewilligen sind, was bei rund der Hälfte aller Neueintritte auch geschieht. Dahinter stehe die Erwartung, dass Betroffene im Laufe der Zeit gesundheitliche Fortschritte machen und einen passenden Job finden können, schreiben Lina Zink und Martin Brussig vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ). Sie haben im von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Altersübergangsreport untersucht, inwieweit diese Erwartung zutrifft. Das Ergebnis: Zu einer Rückkehr in Arbeit kommt es in weniger als einem Zehntel der Fälle – unabhängig davon, ob es sich um eine unbefristete oder Zeitrente handelt.

Die IAQ-Forschenden haben für ihre Untersuchung Daten der Deutschen Rentenversicherung aus den Jahren 2006 bis 2013 ausgewertet, die sich auf über 30 000 Empfängerinnen und Empfänger von Erwerbsminderungsrenten beziehen. Diese Personen waren beim Renteneintritt im Schnitt 50 Jahre alt, der Hälfte von ihnen wurde eine befristete Rente bewilligt.

Der Analyse zufolge spielte Erwerbsarbeit für drei Viertel der Betroffenen in den sechseinhalb Jahren nach Renteneintritt keine Rolle: In diesem Zeitraum sind 12,6 Prozent in Altersrente gegangen, 14,7 Prozent verstorben, bei weiteren 49 Prozent ist keinerlei versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit dokumentiert. Die übrigen 23,7 Prozent waren zumindest zu irgendeinem Zeitpunkt erwerbstätig. Immerhin 4,5 Prozent hatten sogar durchgängig seit Rentenbeginn einen Job, wobei der Anteil bei den unbefristeten Renten mit 7,5 Prozent deutlich höher ausfällt als bei den befristeten mit 1,3 Prozent. Zink und Brussig vermuten, dass es dabei vor allem um parallele Beschäftigung in Werkstätten für behinderte Menschen geht. 

Bei weiteren 4,7 Prozent ist zu Beginn der Rente eine Beschäftigung verzeichnet, die später abbricht. Laut den Forschenden dürfte das einerseits mit Erkrankungen zusammenhängen, die sich zunehmend verschlechtern. Andererseits könnte es sich auch um nachträglich in Rentenanträge umgedeutete Reha-Anträge handeln sowie um Fälle, in denen eine Rente rückwirkend bewilligt wurde.

Tatsächlich in Erwerbstätigkeit zurückgekehrt sind 8,5 Prozent der betrachteten Personen. Bei 3,5 Prozent ist das für mindestens zwölf Monate und bis zum Ende des Beobachtungszeitraums gelungen. Weitere 6 Prozent haben zumindest „eine gewisse Nähe zum Arbeitsmarkt“ in Form von Minijobs oder Beschäftigung im Bereich der Gleitzone erlangt. 

Für bemerkenswert halten Zink und Brussig die Tatsache, dass der Anteil der Rückkehrenden bei befristeten und unbefristeten Renten mit 8,1 und 9 Prozent ähnlich niedrig ausfällt. „Dies deutet darauf hin, dass der Anreiz beziehungsweise die Möglichkeit, aus einer Zeitrente heraus einen Wiedereinstieg zu realisieren, nicht höher ist als aus einer unbefristeten Rente.“ Damit stelle sich die Frage, ob die Befristung, wie sie aktuell umgesetzt wird, wirklich sinnvoll ist.

Neben der Erwerbstätigkeit wurden in der Studie auch Rehabilitations-Maßnahmen betrachtet. Insgesamt 59 Prozent aller Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner haben weder vor noch nach Beginn der Rente eine medizinische oder berufliche Reha über die Rentenversicherung erhalten. Diejenigen mit Zeitrente gingen zu 53,1 Prozent völlig leer aus, eine berufliche Reha wurde nur 5,7 Prozent von ihnen zuteil. „Es wäre konsequent, Personen mit Zeitrenten stärker zu unterstützen, da für diese perspektivisch ein Ende ihrer Rente angenommen wird und sie danach auf Erwerbstätigkeit angewiesen sind“, schreiben Zink und Brussig. Ebenso wichtig wie eine bessere Gestaltung der Rente sei es, durch Prävention und Rehabilitation Erwerbsminderung so weit wie möglich zu vermeiden – gerade mit Blick auf die steigende Regelaltersgrenze. „Nur durch gute Arbeit kann für möglichst viele ein Altersübergang erreicht werden, der nicht über Krankheit, Jobverlust und finanzielle Einbußen führt.“

Lina Zink, Martin Brussig: Erwerbsminderungsrente und Erwerbstätigkeit, Altersübergangs-Report 01/2022, April 2022
 

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