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HBS Böckler Impuls

Arbeitswelt: Mitsprache schafft Sicherheit

Ausgabe 06/2017

Beschäftigte sorgen sich nicht nur um die Sicherheit ihres Jobs, sondern auch um die Qualität ihrer Arbeit. Mitsprache kann helfen.

Unsicherheit verursacht Unbehagen: Empirische Studien haben gezeigt, dass die Angst vor Jobverlust seelisch ähnlich belastend sein kann wie Arbeitslosigkeit selbst. Ein Forscherteam um Duncan Gallie von der Universität Oxford hat den arbeitssoziologischen Blick auf Unsicherheit noch um eine zusätzliche Dimension ergänzt: Nach ihrer Ansicht sollte man nicht nur berücksichtigen, ob Beschäftigte sich Sorgen wegen einer möglichen Entlassung machen, sondern auch, ob sie eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen befürchten.

Um zu untersuchen, wie verbreitet diese beiden Formen der Unsicherheit sind und mit welchen Faktoren sie zusammenhängen, haben Gallie und seine Kollegen die Ergebnisse einer britischen Arbeitnehmerbefragung mit mehr als 2.900 Teilnehmern ausgewertet. Als Indikator für Beschäftigungsunsicherheit dienten Angaben der Befragten dazu, für wie wahrscheinlich sie eine Kündigung in den kommenden zwölf Monaten halten. Unsicherheit hinsichtlich des „Jobstatus“ wurde erfasst über Fragen nach Ängsten vor unfairer Behandlung, Schikanen, Lohneinbußen, weniger Entscheidungsspielraum und Entfaltungsmöglichkeiten.

Der Analyse zufolge ist die Arbeitswelt im Vereinigten Königreich insgesamt unsicherer geworden: Dass sie demnächst stempeln gehen müssen, hielten 2006 knapp 6 Prozent der Befragten für sehr oder ziemlich wahrscheinlich, 19 Prozent sahen zumindest ein gewisses Risiko. 2012 hatten 7 beziehungsweise 25 Prozent entsprechende Bedenken, was die Autoren auf die Wirtschaftskrise ab 2008 zurückführen. Auch die Jobstatus-Unsicherheit hat zugenommen, wobei die Angst vor Lohnkürzungen am weitesten verbreitet ist: 2012 sorgten sich 38 Prozent um die Höhe ihrer Bezahlung.

Einfluss auf die empfundene Unsicherheit haben den Berechnungen zufolge unter anderem die berufliche Position und die Arbeitsmarktsituation. Wenn Unternehmen auf Digitalisierung und Automatisierung setzen, erhöht das die Furcht vor Entlassungen. Typische Instrumente aus dem Werkzeugkasten des modernen Personalmanagements wie Personalbeurteilungssysteme oder Teamarbeit führen dazu, dass die Angst vor einer Verschlechterung der Jobqualität zunimmt.

Besonders deutlich ist der Zusammenhang zwischen Partizipation und Unsicherheit ausgeprägt: Wenn es regelmäßige Foren für den Meinungsaustausch zwischen Management und Belegschaft gibt – weitergehende verbriefte Mitbestimmungsrechte wie in Deutschland existieren in Großbritannien nicht – und Beschäftigte auf Entscheidungen zur Arbeitsorganisation Einfluss nehmen können, dann hegen sie signifikant weniger Bedenken sowohl hinsichtlich der Beschäftigungssicherheit als auch hinsichtlich der Qualität der Arbeitsbedingungen. Daher empfehlen die Forscher, Arbeitnehmern mehr Mitsprache einzuräumen, um so der zunehmenden Unsicherheit entgegenzuwirken.

  • Sorgen um die Qualität der Arbeit sind weit verbreitet. Zur Grafik

Duncan Gallie, Alan Felstead, Francis Green, Hande Inanc: The hidden face of job insecurity, Work, employment and society 1/2017 

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