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Dekorativ: Mitbestimmter Fortschritt nützt allen Böckler Impuls

Automatisierung: Mitbestimmter Fortschritt nützt allen

Ausgabe 19/2025

Betriebsräte verhindern Nachteile für die Beschäftigten bei der Einführung von Robotern. Das kommt auch der Produktivität zugute.

Wenn die Roboter kommen, ist es für Produktionsbeschäftigte vorteilhaft, einen Betriebsrat zu haben. Das zeigt eine Studie, die Sebastian Findeisen und Oliver Schlenker von der Universität Konstanz gemeinsam mit Wolfgang Dauth vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) veröffentlicht haben. Den Ergebnissen zufolge senkt Mitbestimmung das Risiko von Entlassungen in Phasen betrieblicher Automatisierung. Die mitbestimmten Betriebe zeichnen sich in solchen Situationen durch mehr Weiterbildung und ein höheres Produktivitätswachstum aus.

Die Ökonomen haben IAB-Daten ausgewertet, die sich auf über 17 700 Beschäftigte in 718 Betrieben beziehen, die zwischen 2014 und 2018 Roboter angeschafft haben. Für die Analyse wurde jeweils der Werdegang von Produktionsbeschäftigten verglichen, die im Hinblick auf persönliche und betriebliche Merkmale wie Lohn, Arbeitserfahrung, Betriebsgröße, Geschlecht oder Beruf ähnlich oder identisch sind.

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Infografik: Betriebsräte senken bei Produktionsbeschäftigten das Risiko, innerhalb von drei Jahren nach der Einführung von Robotern den Job zu verlieren, um 4 Prozentpunkte.
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Ältere Beschäftigte profitieren am meisten

Laut den Berechnungen der Forscher haben drei Jahre nach der Einführung von Robotern im Schnitt zwölf Prozent der Beschäftigten den jeweiligen Betrieb verlassen. Mit Betriebsrat fällt dieser Wert vier Prozentpunkte geringer aus. Auch die Aussichten jenseits der eigenen Firma sind besser, wenn es dort einen Betriebsrat gibt: Nach drei Jahren ist die Wahrscheinlichkeit, überhaupt einen Job zu haben, allgemein um etwa einen Prozentpunkt gesunken, bei den Beschäftigten von mitbestimmten Betrieben dagegen unverändert. Beschäftigte ab 55 Jahren, die tendenziell größere Schwierigkeiten haben, sich an neue Technologien anzupassen, profitieren in dieser Hinsicht am meisten: Ihre Beschäftigungsquote erhöht sich durch Mitbestimmung um zwei Prozentpunkte. Die Effekte verschwinden, wenn Arbeitskräfte knapp sind – weil dann die Unternehmen selbst ein starkes Interesse daran haben, ihr Personal zu halten.

Generell gebe es keinen Hinweis darauf, dass Betriebsräte Automatisierung blockieren, heißt es in der Studie. In der Häufigkeit der Nutzung oder Einführung von Robotern seien keine Unterschiede erkennbar. Allerdings ist der Anteil der großen, hochproduktiven Roboter bei den mitbestimmten Betrieben höher – und das Produktivitätswachstum nach der Automatisierung. Außerdem kommt es dort zu „Weiterbildungsspitzen“: Der Abstand gegenüber den nicht mitbestimmten Firmen beim Anteil der Beschäftigten in Weiterbildung, der ohnehin etwa 5 Prozentpunkte beträgt, steigt zwischenzeitlich auf 14,5 Prozentpunkte. Das Fazit der Ökonomen: Die Tatsache, dass Produktivitätsvorteile einhergehen mit Arbeitsplatzsicherheit und Weiterbildung, spreche dafür, dass Betriebsräte auch bei Interessengegensätzen zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten kooperative Lösungen ermöglichen.
 

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Christina Schildmann, Leiterin der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung, spricht im Podcast Systemrelevant mit dem Soziologen Florian Butollo über die Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. 

Sebastian Findeisen, Wolfgang Dauth, Oliver Schlenker: Organized Labor Versus Robots? Evidence from Micro Data (pdf), ZEW Discussion Paper Nr. 25-005, Januar 2025

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